Matthew Weiner: „Alles über Heather“

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Mark und Karen Breakstone sind schon um die vierzig, als sie sich kennen lernen. Eine Freundin Karens hat die beiden zusammengebracht und dank ihrer eigenen Lebenserfahrung für Karen einen Mann ausgesucht, der eines Tages reich sein würde. Erst dieses Argument macht den Mann für Karen interessant, denn eigentlich hatte sie mit dem Thema einer festen Beziehung schon abgeschlossen.

Beim ersten Date scheint ihr Mark gar nicht mal so übel, auch wenn er etwas pausbäckig aussieht. Er profiliert sich etwas unbeholfen, indem er Karen erzählt, er gehe mittags nicht mit den Kollegen essen sondern bringe sich sein eigenes Essen mit. Das habe auch den Vorteil, dass er im Gegensatz zu den Kollegen nachmittags im Büro nicht einschlafe. Ja, es sei schon so, dass die Menschen ihn unterschätzten. Karen ist amüsiert und findet ihn unterhaltsam, auch wenn in seinen Geschichten der Witz immer auf seine Kosten geht.

Nach drei bis vier Wochen haben sie Sex, und Karen genießt es, dass er sie begehrt. Mark ist kein Aufreißer, und Frauen sind ihm ein Rätsel. Seine Mutter, eine ewige Cheerleaderin, ist ihm fremd, und seine ältere Schwester hielt die Familie mit einer Essstörung in Atem, bis sie als Siebzehnjährige verstarb und die Familie mit einem Trauma hinterließ. Marks Eltern verfielen daraufhin in stumpfsinnige Ablenkungen und kümmerten sich kaum noch um ihn. Daraufhin beschloss er, ihnen zuliebe zu überleben und erfolgreich zu werden.

Kurz vor der Hochzeit von Mark und Karen kommt es noch zu einem Eklat, als Mark in der Firma bei einer Beförderung übergangen wird. Karen ist maßlos enttäuscht, glaubte sie doch, einen erfolgreichen Mann zu heiraten. Doch schließlich findet sie für sich genügend Argumente, bei ihm zu bleiben. An vorderster Stelle steht dabei der Kinderwunsch.

Im Alter von 41 Jahren wird Karen schwanger. Mark findet das fantastisch. Als sie eine Tochter bekommen, geben sie ihr den Namen Heather. Karen stürzt sich nun voll in ihre Muterrrolle und lässt die Kleine nicht aus den Augen. Im Verlauf der folgenden Jahre besteht Karens Leben nur noch darin, sich um Heather zu kümmern und sie zu fördern. Dabei lässt sie dem Mädchen wenig Raum für eigene Entwicklungen. Mark wird bei der Fürsorge um Heather völlig ausgebootet.

Als Heather vierzehn Jahre alt ist, nimmt sie der junge Handwerker Bobby ins Visier, der selbst in den prekärsten sozialen Bedingungen aufgewachsen ist. Er beobachtet sie, entwickelt sexuelle Gelüste und nähert sich ihr unaufhaltsam. Mark beobachtet den jungen Mann voller Misstrauen und will – gegen Karens Willen – in eine andere Gegend ziehen, bis ihm eine bessere und endgültige Lösung einfällt.

„Alles über Heather“ ist ein sozialkritischer Roman über Obsessionen. Karen gibt ihr eigenes Leben auf, um jede Lebensminute ihrer Tochter zu überwachen. Mark wird weitgehend von der Kindererziehung ausgeschlossen und erhält erst zum Schluss die Chance, seine Tochter zu retten. Auch hier ist nicht die Vernunft im Spiel sondern eine obsessive Angst um die Tochter. Schließlich gilt Obsession auch für Bobby, der unter widrigsten Umständen aufgewachsen ist und nur Gewalt als Lösung aller Probleme kennengelernt hat.

Weiners Roman ist spannungsgeladen mit einem schlüssig konstruiertem Plot und feinen ironischen Zwischentönen.

Das Buch ist im Rowohlt-Verlag erschienen, umfasst 137 Seiten und kostet 16 Euro.

Barbara Raudszus

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