T. C. Boyle: „Das Licht“

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Boyles Roman „Das Licht“ beginnt mit einem Vorspiel im Jahr 1943 in Basel. Der Schweizer Chemiker und Arzneimittelforscher Albert Hofmann experimentiert im Selbstversuch mit LSD. Er will herausfinden, welche halluzinogene Wirkung die Droge entfaltet, und notiert dazu „Schwindel, Angstgefühl, Sehstörungen, Lähmungen, Lachreiz“. Die Pupillen sind stark geweitet, und offenbar sieht er ein besonderes Licht, denn er ruft: „Das Licht! Das Licht!“.

Dann springt der Roman in das Jahr 1962 nach Cambridge, USA. Fitz, ein junger Psychologiestudent, arbeitet als wissenschaftlicher Assistent in Harvard. Er hat Frau und Kind, und seine Frau Joanie sorgt während seiner Promotion für das Familieneinkommen. Doch Joanie ist mit ihrer Arbeit extrem unzufrieden. Sie langweilt sich und hofft darauf, dass Fitz seine Promotion bald abschließt und ihr Leben damit wieder interessanter wird.

Doch da ergibt sich etwas ganz anderes: Fitz wird auf eine LSD-Party bei seinem Professor Tim Leary eingeladen. Dort trifft sich ein Kreis Interessierter, die Freude am Drogengenuss empfinden, sich dabei freier als vorher fühlen und dem Treiben durch Dokumentation einen wissenschaftlichen Anstrich geben. Professor Learys Ziel ist jedoch eine von allen Zwängen befreite Lebensform und damit eine Revolution des Bewusstseins .

Der Höhepunkt dieser Treffen findet bei einem sechswöchigen Aufenthalt in Mexiko statt, wo die Truppe Alkohol und Drogen konsumiert, miteinander Sex hat und sich einem Dauerrausch hingibt, der mit wissenschaftlicher Arbeit nichts mehr zu tun hat. Nach dieser Zeit besinnt sich Fitz noch einmal und will endlich seine Dissertation abschließen und wieder ein geregeltes Leben führen.

Doch seine Frau Joanie ist der Gruppe, den Drogen und dem Gemeinschaftsgefühl mittlerweile derart verfallen, dass sie im normalen Alltag keinen Sinn mehr sieht, keine Freude empfindet und weiter an den „Experimenten“ teilnehmen will.

Es ergibt sich dann auch bald die Chance, denn Professor Leary hat in Milbrook ein Haus mit über sechzig Zimmern gemietet und lädt seine Kommune aus zwölf Erwachsenen und acht Kindern ein, dort ihre Experimente fortzusetzen. Sie könnten in dem abgeschiedenen Anwesen ihre sogenannte „fünfte Freiheit“ ausleben, die Freiheit nämlich, den ganzen Geist zu erkunden, ohne die Zumutungen oder gar das Missfallen der übrigen Welt ertragen zu müssen. Die übrige Welt – das sind die Spießer, die Menschen, die ihr Leben voll stiller Verzweiflung leben und nicht reflektieren, dass es jenseits von Arbeit und Schlaf noch etwas anderes geben könnte.

Doch der dauernde Drogenkonsum zeigt Folgen. Der Erkenntnisgewinn, den Sinn des Universums zu durchschauen, stellt sich nicht ein. Professor Leary gilt bald als Scharlatan und ist längst nicht mehr Hochschullehrer. Die Beziehung von Fitz und Joanie scheitert, und am Ende fallen alle Protagonisten in ein tiefes Loch, bar aller Illusionen.

T. C. Boyle selbst ist Drogenkonsum nicht fremd. Wahrscheinlich ist sein Roman auch deswegen so fesselnd, weil er auf Selbsterfahrung und Selbsterkenntnis beruht.

Das Buch ist im Hanser-Verlag erschienen, umfasst 380 Seiten und kostet 25 Euro.

Barbara Raudszus

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