Einblick in einen Arztroman

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Am 4. September war der Schriftsteller Kristof Magnusson Gast bei der Darmstädter „Literaturinitiative“ im Künstlerkeller des Darmstädter Schlosses. Sein Ruf aus dem Roman „Das war ich nicht“ war ihm offensichtlich vorausgeeilt, denn der Kellerclub war gegen 20 Uhr bis auf den letzten Platz gefüllt, und nach einigen Werkeleien an Mikrofon und Lautsprechern konnte die Lesung aus Magnussons neuem Roman „Arztroman“ beginnen.

Kristof Magnusson (Quelle: Webseite KM)

Kristof Magnusson (Quelle: Webseite KM)

Es ist immer reizvoll, einen Autor, dessen Werke man gelesen hat, einmal “ in natura“ zu erleben. Im Falle Kristof Magnsusson deckt sich die Vorstellung mit der Realität weitgehend. Bereits mit seinen ersten Worten brachte er gerade die entspannte, humorvolle und leicht ironische Atmosphäre auf die Bühne, die zumindest seinen Erfolgsroman aus dem Bankenmilieu kennzeichnet. Ganz kurz skizzierte er den Inhalt des Buches: eine geschiedene Notärztin mit halbwüchsigem Sohn, die sich beruflich mit Unfällen sowie echten wie vermeintlichen Notfällen herumschlagen und sich privat neu einrichten muss. Anschließend las Magnusson aus drei Kapiteln des Romans.

Wenn man Autoren ihre eigenen Werke im Radio lesen hört, schüttelt man oft innerlich den Kopf, da viele von ihnen monoton und – anscheinend bewusst – ohne jegliche emotionale Identifizierung mit dem Geschriebenen lesen. Oftmals erscheint es dem Zuhörer geradezu, als wollten sie um alles in der Welt nicht den Eindruck erwecken, den der reine Text impliziert. Aseptisch sollen Inhalt und Form wirken – warum auch immer. Nicht so Magnusson. Er legt sofort los und lässt seine Figuren als lebendigenMenschen unserer Zeit entstehen, wobei er mit besonderer Vorliebe die kleinen Pannen des Alltags liebevoll ausmalt und im Vortrag genießt. Fast hat man das Gefühl, er könne jedesmal wieder über seine eigenen Szenen lachen, obwohl er sie schon im  Schlafe aufsagen können müsste. Diese lockere und zugleich frische Weise des Vortrags fing sofort alle Zuhörer ein, und deren Aufmerksamkeit hielt auch nach der Pause beim letzten Vortrag noch an. Anschließend hatte man das Gefühl, dass die meisten Gäste über das Ende der Lesung enttäuscht waren. Am liebsten hätten sie wohl das ganze Buch gehört.

Aber das sollten sie dann doch lieber zu Hause selbst lesen, denn schließlich will der Autor ja vom Verkauf der Bücher leben. Nach der Lesung holten sich dann auch eine Reihe von Besuchern das Buch bei den Vertretern der lokalen Buchhandlung ab und ließen es sich gleich vom Autor signieren. Die Lesung selbst kann natürlich nicht als Grundlage einer Rezension dienen, aber die wenigen Kapitel, die Magnusson vortrug, zeigen denselben offenen und humorvollen Stil, den er schon in seinem Erfolgsroman pflegte. Auch die sanfte Ironie kommt hier nicht zu kurz, obwohl sie nie zum Selbstzweck wird. Und Magnussons Stärke ist die genaue Beobachtung menschlichen Verhaltens – von kleinen Alltagssituatiionen bis hin zu emotionalen Herausforderungen, denen viele gerne erst einmal ausweichen. Auf jeden Fall weckte diese Lesung die Lust, den Roman ganz zu lesen, wobei man den Titel durchaus als ironischen Verweis auf die berüchtigten Arztromane im Groschenheft-Format verstehen darf.

Frank Raudszus

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