Sei Jahrhunderten geistert die hoffnungsvolle Mär vom „guten Diktator“ durch die Köpfe auch aufgeklärter Demokraten, die mit den langsamen und schwerfälligen Entscheidungswegen der Demokratien hadern. Die Geschichte der letzten Jahrhunderte hat zwar – entgegen anfänglicher Hoffnungen und Versprechungen – keinen solchen hervorgebracht, das heißt aber nicht, dass es ihn grundsätzlich nicht gibt. Das Landesmuseum Trier würdigt jetzt mit Marc Aurel einen Herrscher, der diesem Idealbild wohl am nächsten gekommen ist.
Marcus Annius Catilius Severus, als Kaiser selbst umbenannt in Marc(us) Aurel(ius), kam im Jahr 121 n. Chr. als Mitglied der Oberschicht in Rom zur Welt. Kaiser Antoninus Pius ernannte ihn im damals üblichen Adoptivverfahren als Siebzehnjährigen zu seinem späteren Nachfolger. Bis zum Tode von Antoninus arbeitete Marc Aurel dreiundzwanzig Jahre lang in verschiedenen Bereichen der römischen Verwaltung zusammen mit Lucius Severus, den Antoninus als zweiten Nachfolger bestimmt hatte. Mit vierzig Jahren bestieg Marc Aurel den Thron, ernannte jedoch seinen eher lebenslustigen Adoptivbruder zum Mitregenten. Bis zu seinem Tode im Jahr 180 stand Marc Aurel dem römischen Reich als allseits verehrter Herrscher vor, und seine Regierungszeit wird nicht zu Unrecht als das „goldene Zeitalter“ der Römer bezeichnet. Trotz vieler Grenzkriege – meist jedoch außerhalb der Grenzen und erfolgreich – galt diese Zeit als friedlich und dank Aurels pragmatischer und vernünftiger Regierung auch als friedlich.
Das Landestheater Trier widmet diesem Kaiser jetzt eine umfangreiche Ausstellung mit 400 Exponaten an zwei Standorten, die neben einer Reihe von Artefakten wie Büsten und Steingravuren auch Schriftstücke und andere Dokumente zeigt. Dabei wurde man bei über hundert Leihgebern in Europa fündig. Im Mittelpunkt steht dabei auch Marc Aurels „Nebenberuf“ als Philosoph, der sich in entsprechenden Schriftstücken, unter anderen seine „Selbstbetrachtungen“, niederschlug. Die griechische Stoa besaß damals einen Stellenwert, und Marc Aurel baute seine Haltung zur Welt um diese Philosophie der Ausgeglichenheit auf.
Die Ausstellung erläutert die wichtigsten Stationen und Eigenarten dieses „guten Kaisers“ mit einer Reihe ausführlicher Wandtexte in Deutsch, Englisch und Französisch und öffnet sich damit vor allem dem französischen Nachbarn. Man sollte dem besuch dieser Ausstellung mindestens einen halben Tag widmen, um die Exponate und vor allem die Texte in Ruhe studieren zu können. Bei den zu erwartenden heißen Tagen könnte das Museum dann einen so erholsamen wie lehrreichen Aufenthaltsort bieten.
Die Ausstellung ist noch bis zum 23. November 2025 geöffnet.
Frank Raudszus
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