Sonne und Wolken im Landesmuseum

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Das Hessische Landesmuseum Darmstadt – kurz: HLMD – ist ein neo-klassizistischer Bau aus dem späten 19. Jahrhundert. Seine ausgewogene Architektur und vor allem der große, offene Eingangssaal beeindruckten die Besucher seit Anbeginn. Martin Fraas, der Direktor des Museums, spürte eigenen Aussagen zufolge stets insofern einen gewissen Mangel, als diesem repräsentativen Raum ein deutlicher Hinweis auf seinen Zweck fehlte. Bei der Pressekonferenz am 3. September 2025 meinte er, es könne sich auch um ein Finanzamt, eine Kirche oder ein Gymnasium handeln. Wahrlich weit auseinander liegende Widmungen!

SKYLIGHT im Raumkontext…

So beschloss die Museumsleitung, diesem Eintrittssaal eine dauerhafte, künstlerische Prägung zu verleihen, und wurde nach einigen Recherchen bei der Amsterdamer Künstlerwerkstatt DRIFT STUDIOS fündig. Die Lichtinstallation SKYLIGHT besteht aus fünf Stoffensembles, die sich mit Hilfe lautloser Motoren nach einem fest programmierten Schema absenken und wieder erheben. Dabei öffnen sich die weißen Stoffbündel wie weiße Blüten und leuchten je nach Position ihrer Auf- und Abfahrt langsam mit einem warmen, weißen Licht auf. Dabei verlaufen Bewegungen und aufleuchten nicht nach einem kurzfristig sich wiederholenden, leicht identifizierbaren Muster, sondern diese Vorgänge erscheinen den Betrachtern spontan und nicht vorhersehbar. Dahinter steckt ein komplizierter Softwaremechanismus, der für eine scheinbare Zufälligkeit sorgt. Zwar könnte man diese Software selbstverständlich ändern und damit kürzere oder schnellere Bewegungen und andere Lichtmuster realisieren, aber das ist nicht vorgesehen. Nach Aussagen der anwesenden Vertreterin von DRIFT betrachten die künstlerischen Entwickler das realisierte Muster für diesen Ort und seine Eigenarten als das geeignetste.

…. und ein Ausschnitt

Die Installation ist nicht als zeitlich begrenzte Ausstellung gedacht, sondern wird den Raum dauerhaft bereichern und täglich von 11 bis 18 Uhr in Betrieb sein. Die völlige Lautlosigkeit sowie die sanften Bewegungen und Lichterscheinungen können dabei auch bei den oft stattfindenden Veranstaltungen – Vorträge und Feste – weiterlaufen, da sie weder optisch noch akustisch stören. Hoffen wir, dass auch die Darmstädter Bevölkerung das so sieht und sich die Datterich-Mentalität – „braache mer net“ – in Grenzen hält oder ganz einfach durch freudige Zustimmung ersetzt wird.

Wo Licht ist, ist auch Schatten, oder besser – wegen der neutralen Konnotation -, wo Sonne ist, sind (oft) auch Wolken. Diese Dualität ist zufällig auch gerade im Landesmuseum gegeben, denn seit dem 22. August findet in einem Seitensaal der Empfangshalle die Ausstellung „Wolken – Erleben und Verstehen“ statt. Dort finden die Besucher ein reichhaltiges Angebot an optischen Darstellungen und wissenschaftlichen Erläuterungen zu diesem Himmelsphänomen vor.

Im Eingangsbereich türmen sich in einer großen Glasvitirine Styropor-Versionen verschiedenster Wolkengebilde von der zarten Cirrus-Wolke bis zur grau drohenden Nimbus-Wolke auf. Zu jeder der knapp ein Dutzend zählenden Formationen gibt es eine kurze Erklärung ihres Aussehens und ihrer Entstehung.

Die Styropor-Wolken im Eingangsbereich

An einem daneben stehenden Tisch kann man sich auf Bildschirmen in Ruhe die wissenschaftlichen Erklärungen von der Antike – Aristoteles! – bis heute durchlesen und dabei nicht nur etwas über die Wolken, sondern auch über arabische Forscher des Mittelalters lernen. Ein anderer Bildschirm vermittelt ein digitales Wolken-Diorama, und den Höhepunkt der multimedialen Wolkenschau stellt ein VR-Helm dar, mit dessen Hilfe man sich in eine bewegte Welt mit den dynamischsten Wolkenformationen begeben kann. Da regnet es in Strömen, der Wind pfeift, und schließlich lehrt ein veritabler Tornado den Betrachter das Fürchten. Dabei sollte man nicht nach unten schauen, denn die Aufnahmen wurden meist aus größerer Höhe erstellt und können bei sensiblen Naturen durchaus Schwindelgefühle erzeugen.

Von letzteren kann man sich dann auf einer Empore in einem, gemütlichen Sessel erholen und dabei die am Museumsdach entlangziehenden – digitalen – Wolkengefüge in aller Ruhe verfolgen. Aber nicht einschlafen!

Die Ausstellung „Wolken“ ist noch bis zum 11. Januar 2026 geöffnet.

Frank Raudszus

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