Beatrix Gerstenberger: „Die Hummerfrauen“

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Der Roman „Die Hummerfrauen“ spielt in dem kleinen Fischerort Stone Harbor im US-Staat Maine. Hier leben die Einwohner seit vielen Jahren vom Hummerfang. Reich werden sie davon nicht, aber ihre Existenz ist gesichert. Zum Fischen geht es frühmorgens raus aufs Meer, wo die Fangkörbe eingeholt und die gefangenen Hummer eingesammelt werden. Danach bestücken die Hummerfischer die Körbe wieder frisch mit Ködern und versenken sie im Meer. Dann geht´s zurück an Land, wo die Hummer an Händler weiterverkauft werden.

Ann, eine alte Hummerfischerin mit grauen Haaren, besitzt sogar einen blauen Hummer als Haustier. Sie unterhält sich mit ihm und krault seine langen Fühler mit ihren Füßen. Vor Jahren lebte Ann mit einer Frau zusammen. Die beiden waren ein glückliches Paar, bis sich die Freundin trennte und wegzog.

Doch Ann bekommt Besuch von Mina, die durch Zufall ans Ufer gespült wurde. Der Fischer, der die junge Frau gefunden hat, liefert sie bei Ann ab in der Annahme, dass sie dort gut aufgehoben ist. Die junge und die alte Frau brauchen Zeit, sich aneinander zu gewöhnen, doch schließlich gehen sie gemeinsam auf Hummerfang.

Julie, eine andere Protagonistin des Romans, ist auch eine Hummerfischerin. Nach einem schlimmen Unfall funktioniert ihr Kopf nicht mehr so wie vorher. Mit dem Hummerfischen, das sie mühsam erlernen musste, hat sie ihr Auskommen und wieder eine erfüllende Aufgabe.

Der Roman spielt auf drei Zeitebenen. Die Handlungszeit ist das Jahr 2000. Dann springt die Handlung zurück in das Jahr 1982, als Minas Familie die Ferien in Stone Harbor verbrachte. Leider mussten sie damals sehr plötzlich abreisen, was das Kind Mina sehr bedauerte und nicht verstand. Mina hatte damals den älteren Spielkameraden Sam, dem sie lange nachtrauerte. Die Sehnsucht war es schließlich, die sie wieder nach Stone Harbor reisen ließ….

Der Roman widmet sich besonders den Frauen und ihren Schicksalen in Stone Harbor. Alle drei sind starke, aber sehr unterschiedliche Charaktere und wirken ausgesprochen authentisch. Die Männer dagegen sind eher schwache Typen, die kaum mit den Frauen mithalten können. Sie brauchen starke Frauen an ihrer Seite.

Über dem gesamten Roman lastet eine alte Geschichte, bei der ein Jugendlicher zu Tode gekommen ist. Der beste Freund dieses Jugendlichen war Minas Bruder. Die beiden Jungs waren mit dem Boot auf dem Meer, aber wie es zu dem Unglück kam, bleibt unbeantwortet.

Wer gerne schmökert, ist mit diesem Roman gut bedient. Neben viel Lokalkolorit aus dem Fischerdorf Stone Harbor gibt es eine komplizierte Liebesgeschichte zwischen Sam und Mina und weitere Beziehungszwists anderer Dorfbewohner. Die Autorin versteht es, die Dorfgemeinschaft unterhaltsam und dennoch kritisch aufs Korn zu nehmen. Neben den Themen Liebe, Trauer und Verlust geht es doch immer um den richtigen Weg, sich selbst zu finden. Vielleicht erkennt die eine oder andere Leserin ihr eigenes Schicksal in dem Roman gespiegelt.

Das Buch ist im Deutschen Taschenbuch Verlag (dtv) erschienen, umfasst 393 Seiten und kostet als gebundenes Buch 22 Euro.

Barbara Raudszus

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