Der obige Titel könnte eine typische Sportnachricht – etwa aus dem Umfeld der „Frankfurter Eintracht“ – sein, wenn ein ehemaliger Stürmerstar an den Ort seiner Erfolge zurückgekehrt ist. Doch hier geht es nicht um Sport und auch nicht um einen lebenden Sportstar, sondern um einen „Kunststar“, der nach Aussagen des Städel-Direktors Philipp Demandt trotz zwanzigjähriger Anwesenheit in der Stadt am Main selten als „Frankfurter“ gesehen wurde: Max Beckmann.
Das Städelmuseum präsentiert in der jetzt anlaufenden Ausstellung die Zeichnungen eines der markantesten Künstler der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, teils aus dem eigenen Bestand, teils mit Leihgaben aus dem In- und Ausland. Die Ausstellung umfasst rund achtzig zeichnerische Arbeiten und ist in sechs Abschnitte unterteilt, die mit Beckmanns Arbeiten vor und im Ersten Weltkrieg beginnen und mit seinen letzten Jahren in den USA enden. Dazwischen liegen zwanzig gute Jahre in Frankfurt (1915 – 1937) und acht Jahre unter prekären Umständen in Amsterdam.
Den Ersten Weltkrieg begrüßte Beckmann noch – wie viele Künstler damals – als Befreiung aus dem als Lethargie empfundenen Stillstand der Vorkriegszeit. „Fin de siècle“ ist eins der treffenden Worte für das Lebensgefühle vor allem einer sich als Avantgarde fühlenden Berufsgruppe. Doch die Begeisterung für den „befreienden“ Kampf wich schnell einem Entsetzen über die Realität des Krieges, das sich auch in seinen Zeichnungen niederschlägt. Statt lebensfrohe junge Männer und Frauen sieht man traumatisierte Gestalten und Kriegsgreuel an Menschen und Landschaften.
Die Kriegserfahrungen führten nach dem Ende des Krieges zu einem wesentlich schärferen, kritischen Stil. Die einst impressionistisch anmutenden Portraits wichen nun verfremdeten Physiognomien und verzerrten Körpern. Die plakative Entlarvung der Realität als eine kalte, menschenfeindliche wurde zum Stilmittel Beckmanns und machte ihn in den Augen des Publikums zu dem, als der er heute rezipiert wird. Kalte, abweisende Farben, verzerrte Gesichter, die Kriegslust und Gewinnstreben auf der einen Seite und verständnisloses Leid auf der anderen Seite widerspiegeln.
Im Rahmen seiner unterschiedlichen Welterfahrungen entstanden dann die geradezu ikonischen Bilder, die wir von Beckmann kennen, sei es das „Selbstbildnis mit Sektglas“ (1919), „Junge mit Hummer“ (1926) oder „Der Mord“ (1933). In Frankfurt lehrte er an der damaligen Kunstgewerbeschule – heute die „Städelschule“ – und entwickelte dabei ein enges Verhältnis zum damaligen Städeldirektor Georg Swarzenski. Aus dieser Zeit datiert auch der große Bestand des Städels an Beckmann-Arbeiten, die jedoch nach 1933 von den Nazis als „entartete Kunst“ aus dem Verkehr gezogen und dann meistbietend verkauft – oder „verschleudert“? – wurden.
Einige in Frankfurt ausgestellte Bilder zeigen auch die mythisch-mystische Seite Beckmanns, der versuchte, mit seinen Bildern eine eigene Evolutionsgeschichte des Menschen nachzuzeichnen. Dabei spielen Sphinxe als Metaphern ebenso eine Rolle wie Anleihen bei antiken Mythen oder esoterische Gedanken. Das waren jedoch offensichtlich keine weltfremden Spinnereien, sondern der verzweifelte Versuch, die beiden miterlebten Katastrophen des 20. Jahrhunderts irgendwie mit dem eigenen Menschenbild zur Deckung zu bringen. Daher auch Arbeiten wie „Auferstehung“ oder „Schlangenkönig und Hummerfrau“.
Viele künstlerische Ansätze und Bildkompositionen sind der Nachwelt heute noch ein Rätsel, weil Beckmann sie nie mündlich oder gar schriftlich „erklärte“, aber sie zeigen, wie stark er letztlich unter dem Zerfall einer anfangs als ereignislos empfundenen Vorkriegszeit litt.
Hintergrund dieser Ausstellung ist unter anderem das knapp zweitausend Grafiken umfassende Werkverzeichnis von Beckmanns zeichnerischem Werk, das Hedda Finke und Stephan von Wiese in zehnjähriger Arbeit zusammengestellt haben bei der Pressekonferenz präsentierten.
Die Ausstellung ist noch bis zum 15. März 2026 geöffnet. Näheres ist auf der Webseite des Städels zu erfahren.
Frank Raudszus




No comments yet.