Dieter Böge/Bernd Mölck-Tassel: „Opa Mammut“

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Wie bringt man Kindern die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft nahe, ohne in falsche Harmlosigkeit zu verfallen oder die Kinder intellektuell und emotional zu überfordern? Grimms Märchen waren eine intuitive Antwort des 19. Jahrhunderts auf diese Frage, bewegten sich aber eher auf dem Gebiet der elementaren Mythen. Die beiden Hamburger Kunst-Dozenten Dieter Böge und Bernd Mölck-Tassel haben sich dieser Aufgabe auf eine moderne Art gestellt und unter dem Titel „Opa Mammut“ einen Comic-Band über die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft in den letzten zwanzigtausend Jahren verfasst.

Am Beginn steht die Anzahl der Generationen seit der Eiszeit in einer gefühlt endlosen Kette von „Ur“-Präfixen des erzählenden Opas, die zweite Seite enthält eine bildliche Darstellung der erwähnten Jahreszahlen, die es den Kindern ermöglicht, den Zeitraum abzuschätzen. Der Ich-Erzähler, Opa Mammut, lebte in der Eiszeit und jagte damals noch das titelgebende,  längst ausgestorbene Riesentier. In allen folgenden Epochen waren Opa Mammuts Nachfahren an wichtigen Ereignissen beteiligt, was Opa Mammut auf seiner himmlischen Wolkenbasis ausdrücklich erwähnt. Sein „Nachleben“ wird jedoch nicht weiter thematisiert, weder religiös noch pseudo-biologisch, er berichtet einfach aus einem nicht weiter beschriebenen Jenseits.

Von der Altsteinzeit mit der Entdeckung des Feuers, dem Sammeln und Jagen geht es über die Mittelsteinzeit (Mammut) und die Jungsteinzeit (das Rad, sie Sesshaftigkeit) in die Bronzezeit mit Handel und der Domestizierung des Pferdes und die Eisenzeit mit den Stichworten Hannibal, Rom und Bethlehem. Das Mittelalter ist unter anderem mit Klöstern, Burgen, Rittern, der Pest und dem Buchdruck vertreten, und die Neuzeit schließt das Buch mit Revolutionen, Krieg, Dampfmaschinen, Fernsehen und Smartphone ab.

Jeder der insgesamt fünfzig Episoden ist jeweils eine Textseite und eine Graphik gewidmet, wobei diese beiden Darstellungsformen auch einmal ineinander übergehen können. Die Texte sind – von wenigen Ausnahmen abgesehen – in einer kindgerechten Sprache gehalten und eignen sich für Kinder von drei bis acht Jahren. Die Illustrationen dazu sind detailliert und naturgetreu und vermitteln den Kindern dadurch einen bildlichen Eindruck vergangener Zeiten, trotz der nötigen Vereinfachung ohne jegliche Verniedlichung.

Die Autoren behandeln auch – für Kinder – kritische Themen wie blutige Gladiatorenkämpfen oder die Zerstörungen des Dreißigjährigen und des Zweiten Weltkrieges. Auch den Tod sprechen sie aus verschiedenen Perspektiven an, zum Beispiel aus dem der Pest. Doch bewegen sich Text und Bild dabei stets in einem für Kinder verkraftbaren Rahmen.

Man kann dieses Buch zu Recht als Glücksfall der Kinderbuch-Literatur bezeichnen, bringt es doch den Kindern Menschheitswissen auf angemessene Art nahe und verzichtet dabei auf den in Kinderbüchern leider oft vorhandenen moralischen Zeigefinger.

Das Buch „Opa Mammut“ ist im Verlag Jacoby & Stuart erschienen, umfasst 121 Seiten und kostet 19,95 Euro.

Frank Raudszus

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