F. v. Schirach/A. Kluge: „Trotzdem“

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In diesen Tagen und Wochen sitzen viele Menschen – Praktiker wie Intellektuelle – zu Hause und denken über die Wechselfälle des Lebens nach. So auch der nahezu neunzig Jahre alte Filmregisseur Alexander Kluge und der wesentlich jüngere Schriftsteller Ferdinand von Schirach. Räumlich weit voneinander in Deutschland entfernt, begannen sie per digitalem Dienst einen zweitägigen Dialog über die Gedanken in Zeiten von Corona. Kein Drehbuch oder anderweitige systematische Vorbereitung lag diesem Dialog zugrunde, wie man aufgrund des eher spontan und von zufälligen Einfällen geprägten Gesprächs vermuten darf.

Digitale Messengerdienste haben im Gegensatz zum direkten Dialog den Nach- wie Vorteil der fehlenden physischen Präsenz. Es fehlt zwar der Augenkontakt, aber man hat auch mehr Zeit zu antworten und kann das Gespräch daher lockerer gestalten und ihm neue Wendungen geben. Die Mimik und Gestik des Gegenüber können keine Erwartungshaltungen transportieren oder anderweitigen Druck ausüben.

So läuft denn das Gespräch auch eher assoziativ von Thema zu Thema. Eine Bemerkung des Einen löst eine Idee beim Anderen aus, die dieser dann durchaus zu einer Wendung des Gesprächs nutzen kann. Dabei werden die Isolation des Einzelnen ebenso zum Thema wie die Einschränkungen demokratischer Rechte durch den Staat oder die demokratische Wirkung des Virus, der keine sozialen Unterschiede kennt.

Kluge und von Schirach erheben hier nicht den Anspruch hehrer Erkenntnisse, und bisweilen streifen die Bemerkungen tatsächlich die Grenze zum Banalen, ohne jedoch je wirklich platt zu werden. Es ist eher ein in sich gekehrter Monolog eines zufällig zum gleichen Thema nachdenkenden Paares, wobei beide wie Pingpong-Spieler sich Einfälle und Assoziationen gegenseitig zuspielen.

Es wäre ungerecht, diesen schmalen Band als überflüssig und trivial zu denunzieren, aber man sollte ihn auch nicht zu einem intellektuellen Höhenflug stilisieren. Der Dialog fasst jedoch die Gefühle, Einsichten und Bedenken zusammen, die heute die Mehrheit der Bevölkerung bewegen.

Das Buch ist im Luchterhand-Verlag erschienen, umfasst 75 Seiten und kostet 8 Euro.

Frank Raudszus

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