Andreas Neuenkirchen: „Kann man sagen, muss man aber nicht“

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„Abartig“ ist dieser kleine Band durchaus nicht und auch nicht „alternativlos“, dafür aber im „Wording“ ausgesprochen „zeitnah“, womit schon einmal vier Beispiele aus der alphabetischen Liste von Wörtern genannt sind, die der Autor aus unser heutigen Alltagssprache als modisch-falsch oder nichtssagend destilliert hat. Damit hat er „scheinbar“ den Nagel auf den Kopf getroffen, denn auch die ständige Verwechslung dieses Wortes mit „anscheinend“ findet bei ihm sarkastische Erwähnung. Gerne auch wendet er schiefe oder platte Verballhornungen sowie falsche Verwendung von Begriffen auf diese selbst an, so etwa indem er „scheinbar“ in dem entsprechenden Beitrag fast schon kunstvoll mit „anscheinend“ vermengt und kreuzt.

Über „chillen“ und „connecten“ geht es zu „Digger“ und „diskursiv“, dann zu „ergebnisoffen“, „funzen“, „geil“ und ist bei „liken“ noch lange nicht am Ende. „Mainstream“ darf natürlich nicht fehlen, „mega“ ebenfalls nicht, und auch die „meme“ blitzt kurz auf. Die Vorsilbe „neo-“ ist natürlich „in“ (das übrigens fehlt!), das „Opfer“ darf auch nicht fehlen, genauso wie „posen“ und „post-sonstwas„. Die „Schalte“ hat er „scheinbar“ auch auf dem „Schirm“. „Ein Stück weit“ ist das Ganze ziemlich „stylish“, und „sukzessive“ kommt er auf „super“ Kurven zum „systemrelevanten“ Ende, wobei er sich immer wieder selber zu „toppen“ versucht und seine sprachlichen Erfahrungen permanent „updaten“ oder gar „uploaden“ muss. Das gibt am Ende für Autor und Leser eine veritable „Win-win-Situation“.

Jeder dieser Redewendungen und Slang-Auswüchse spendiert der Autor einige treffende, meist humoristische und oft satirische Anmerkungen, wobei er – wie bereits bemerkt -, wo möglich, diese sprachlichen Fehltritte wie ein Bumerang gegen sich selbst fliegen lässt und damit der wohlverdienten Lächerlichkeit preisgibt.

Wer dieses Bändchen durchgeblättert hat, wird seine Wortwahl künftig hoffentlich etwas bewusster treffen.

Das Buch ist im Duden-Verlag erschienen, umfasst 143 Seiten und kostet 10 Euro.

Frank Raudszus

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