Raynor Winn: „Der Salzpfad“

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Raynor und Winn, beide in den Fünfzigern, verlieren Haus und Hof durch sehr unglückliche Umstände. Ein geregeltes Leben, wie sie es über Jahre mit ihren beiden Kindern auf einer kleinen Farm geführt haben, endet vor dem Nichts. Kein Zuhause mehr, kein Einkommen mehr, ein leergefegtes Bankkonto. Was bleibt zu tun?

Zu allem Unglück kommt noch hinzu, dass Moth, der Ehemann, unter einer tödlichen Krankheit leidet, die ihn immer schwächer werden lässt, bis er schließlich an seinem eigenen Speichel ersticken wird.

Plötzlich sind beide obdachlos, ohne jede Zukunftsperspektive. Sie könnten in ein Obdachlosenasyl gehen oder einfach aus dem Leben scheiden.

Doch die beiden begeben sich stattdessen auf auf eine Wanderung auf dem tausend Kilometer langen „Salzpfad“, Englands längstem und wildestem Küstenweg. Beginnend bei Minehead, führt er immer entlang der Nordküste von Devon und Cornwall bis nach Land´s End, dem westlichsten Zipfel Englands. Das ist knapp die halbe Strecke, etwa 500 Kilometer. Jeder von ihnen trägt einen Rucksack mit dem Nötigsten auf dem Rücken: ein Zelt, Schlafsäcke, ein Campingkocher, etwas Wäsche. Das muss genügen, denn mehr können sie nicht tragen.

Sie sind ständig Wind und Wetter ausgesetzt. Es geht bergauf und bergab immer dem „South West Coast Path“ entlang. Sie werden eins mit der oft unwirtlichen Natur und kämpfen sich Schritt für Schritt, Kilometer für Kilometer voran. Sie treffen auf hilfsbereite Menschen, aber auch auf andere, die einen Bogen um Obdachlose machen. Tiere schnüffeln nachts um ihr Zelt. Oft sind sie hungrig, weil sie mit wenigen Pfund in der Woche auskommen müssen.

Ray, die Autorin, berichtet in diesem Reisebericht von all der Mühsal, die sie erleiden müssen, aber auch von einer totalen Freiheit, die sie nun erfahren dürfen. Sie schreibt, wie gut ihnen diese Wanderung tut und wie Moth, der Kranke, immer gesünder wird.

Es ist ein berührend zu lesendes Zeugnis von zwei Menschen, die aus ihrem Elend eine Tugend machen. Wieviel braucht es, um wirklich glücklich zu sein? Auf jeden Fall viel weniger als wir gemeinhin annehmen.

Das Buch ist im Dumont-Verlag erschienen, umfasst 329 Seiten und kostet 16,95 Euro.

Barbara Raudszus

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