Martin Walker: „Déjà vu“

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Bruno, Polizeichef des Städtchens St.-Denis im südfranzösischen Périgord, erholt sich gerade von einer Schussverletzung an der Schulter und ist noch krank geschrieben. Aber wie der passionierte Leser der „Bruno“-Romane weiß, ist Bruno nicht aufzuhalten, wenn er einmal eine Spur gewittert hat.

Ärgerlich ist für ihn allerdings, dass während seines Reha-Aufenthalts eine fremde Frau sein Büro besetzt hat und sogar auf seinem Schreibtischstuhl sitzt. Es ist Mademoiselle Cantagnac, die dem Chef de Police – also Bruno – als Verwaltungsassistentin zugewiesen wurde. Also weist sie ihn gleich daraufhin, dass er noch gar nicht am Arbeitsplatz erscheinen dürfe und sie daher seinen Posten verwalte. Dass sie sie hier erst einmal „für Ordnung gesorgt habe“, vergisst sie nicht zu erwähnen. Der Bürgermeister tröstet Bruno damit, dass sie sein Büro ja nur vorübergehend besetze und er ja sowieso lieber direkt mit den Menschen agiere. Außerdem müsse ja der Basset Balzac Gassi geführt und das Pferd Hector bewegt werden…..

Als letzte Neuigkeit erfährt Bruno, dass ein Engländer ein heruntergekommenes, leerstehendes Anwesen kaufen wolle, um dort Bread-and-Breakfast sowie Kochkurse anzubieten. Dazu müsse aber ein altes Grab verschwinden, das seit dem zweiten Weltkrieg auf diesem Gelände liege. Dazu müsse man möglichst schnell klären, was es mit diesem Grab auf sich habe, damit der Investor mit den Baumaßnahmen beginnen könne.

Brunos Interesse ist geweckt. Die Untersuchung des Grabes zeigt, dass es aus schwerem Beton besteht, und als sie die Grabplatte entfernen, liegt darunter – ein kleines Hundeskelett. Misstrauisch gräbt Bruno weiter und findet unter einer zweiten Abdeckung drei menschliche Leichen – zwei Frauen und ein Mann. Anhand einiger Grabbeigaben stellt sich schnell heraus, dass es sich um zwei unbekleidete junge Frauen der deutschen Wehrmacht und um einen italienischen Marineoffizier handelt. Da beim Abzug der deutschen Truppen im Jahr 1944 die Résistance viele Racheakte verübt hat, zeichnet sich ein historischer Skandal ab. Mit der Presse im Nacken versuchen alle Beteiligten vom Bürgermeister bis zu höheren Polizeistellen, die Angelegenheit ohne größere Aufregung zu klären.

Doch bald bahnt sich eine größere Katastrophe an. Da sich im „Massif Central“ aufgrund des Klimawandels eine Menge Wasser angesammelt hat, müssen die Stauseen oberhalb des Périgord einer nach dem anderen abgelassen werden. Das könnte zu schweren Überschwemmungen führen.

Für Bruno geht es wieder turbulent zu. Überall wird er gebraucht, und auf seine Schulter kann er keine Rücksicht mehr nehmen. Dennoch steht trotz aller Katastrophen das eine oder andere kulinarische Highlight auf dem Programm, und Bruno lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.

Wir wollen hier nicht die Lösung der geschilderten Grabgeheimnisse verraten, und obwohl der Autor bisweilen sein Wissen um historische und politische Hintergründe etwas zu stark in den Vordergrund stellt und teilweise unglaubwürdige schnelle „Turbo-Erklärungen“ liefert, erzählt er die Geschichte wieder einmal abwechslungsreich und durchaus spannend. Die Dialoge wirken zwar bisweilen wie Kurzvorlesungen über einen komplexen Sachverhalt, bringen jedoch dadurch die Fakten an das Lesepublikum. Man muss ja auch nicht jedes Detail nachlesen und jedes lokale Rezept nachkochen. Als Urlaubslektüre sind die Bruno-Romane immer willkommen.

Das Buch ist im Diogenes-Verlag erschienen, umfasst 386 Seiten und kostet 26 Euro.

Barbara Raudszus

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