Ijoma Mangold beschreibt in diesem Buch seine Kindheits- und Jugenderinnerungen in Deutschland. Er wächst als Mischlingskind bei seiner alleinerziehenden deutschen Mutter in Heidelberg auf. Sein nigerianischer Vater verschwindet bald nach Ijomas Geburt wieder nach Afrika und hat viele Jahre keinen Kontakt zu seinem Sohn. Ijoma kennt nur die Zweisamkeit mit seiner Mutter und vermisst seinen Vater nicht, da er ihn nicht kennengelernt hat.
Der Junge ist gut in der Schule, ist beliebt, hat viele Freunde und fühlt sich nie als Außenseiter. Seine Hautfarbe ist in seinem Umfeld selten ein Thema. Ijoma verinnerlicht das Deutschsein genauso wie seine deutschen Freunde. Er wächst bei seiner unkonventionellen Mutter – einer Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche – ohne Fernsehapparat und ohne Auto auf. Die Mutter hat nicht einmal einen Führerschein. Was in seiner Kindheit als normales Umfeld erscheint, hat er, wie der Leser erst später erfährt, seiner umsichtigen Mutter zu verdanken, die immer auf der Hut ist, ihren Sohn vor Rassismus zu schützen.
Der Titel des Buches bezieht sich einerseits auf eine Güterzug-Lokomotive der Deutschen Reichsbahn, die Ijoma als Kind in Gestalt einer Märklin-Eisenbahn geschenkt bekommt. Außerdem gibt es im Wohnzimmer der Mangolds auch ein schwarzes Holzkrokodil aus Afrika. Beide Objekte lassen sich symbolisch als Spannungsfeld des Jungen zwischen Deutschsein und afrikanischem Ursprung erklären.
Ijoma interessiert sich für Theater und Musik und entwickelt eine große Affinität zu Richard Wagner und Thomas Mann. Er wird später Literaturwissenschaften und Philosophie studieren. Doch mitten im Studium, im Alter von 22 Jahren, tritt sein nigerianischer Vater in sein Leben. Dieser Teil von Ijomas Lebensgeschichte ist der interessanteste Part. Diesen Kulturschock des jungen Mannes als Leser hautnah mitzuerleben ist faszinierend. Doch sosehr sich seine afrikanische Familie in sein Leben drängt, bleibt sich Ijoma in seinem Deutschtum doch treu. Auch die Beziehung zu seiner Mutter bleibt ein Anker für ihn. Er wird sie bei ihrer Krebserkrankung liebevoll unterstützen.
Ijoma Mangold gilt heute als einer der renommiertesten Literaturkritiker in Deutschland. Das vorliegende Buch bietet eine lohnende Lektüre. Es ist ernsthaft und mit Tiefgang, aber auch amüsant geschrieben und zeigt, wie man durch Anpassung, Fleiß und Ehrgeiz als „PoC“ in Deutschland Karriere machen kann.
Das Buch ist in der „rororo“-Reihe bei Rowohlt erschienen, umfasst 345 Seiten und kostet 12 Euro.
Barbara Raudszus


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