Bernhard Schlink: „Die Frau auf der Treppe“

Print Friendly, PDF & Email

Ein Roman über Sehnsucht, Besitz und Verlust

1408_frau_treppeAuf einem Bild schreitet eine nackte Frau eine Treppe hinab. Was verbirgt sich hinter ihrer Persönlichkeit? Warum ist sie unbekleidet? Was hat sie vor? Warum hat der Maler Karl Schwind gerade dieses Motiv gewählt? Ist die dargestellte Irene seine Muse, seine Geliebte, seine Angebetete?

Bernhard Schlinks Roman wirft viele Fragen auf. Es geht um die Rolle der Frau als Geliebte, Mutter, Muse, Trösterin, Inspiratorin, Prinzessin und all die vielen Rollen, die Frauen zugeschrieben werden. Aber es geht auch um Irene an sich, die all diese Rollen nicht spielen will und schließlich flieht, weil sie sich selbst finden muss. Natürlich geht es auch um das männliche Ego, das in der schönen Frau die Trophäe sieht, sie besitzen will oder als Bildmotiv mit Sehnsüchten auflädt.

Nicht zuletzt spielt auch die Kunst eine zentrale Rolle in Schlinks Roman. Wie definiert sich der Künstler über seine Bilder? Was bedeutet gegeständliche Malerei? Wie steht das Gemälde zur Fotografie, und wie verhält sich Schönheit zu Wahrheit? Wie schafft es ein Künstler, das perfekte Bild zu malen? Wie schafft es eine schöne Frau, den perfekten Partner zu finden, der sie zu etwas Großem führt, für das sie alles geben kann? Irenes bittere Erkenntnis besteht am Ende darin, dass sich ihr Leben wie eine Vase anfühlt, die in Stücke zersprungen ist.

Neben unseren großen Sehnsüchten, verpassten Chancen, die wir erst viel später realisieren, und Erfolgen gibt es eben doch die vielen kleinen Niederlagen, die wir nicht verschmerzen können. Sie begleiten uns ein Leben lang und sind stete kleine Stachel in unserem Fleisch. So erzählt dieser Roman ein Stück vom Leben und lässt uns herrlich philosphieren über alles, was war, ist und hätte sein können.

Das Buch ist im Diogenes-Verlag erschienen und kostet 21,90 €.
Barbara Raudszus

,

No comments yet.

Schreibe einen Kommentar