Zickenkrieg unter Männern

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Das ursprünglich für das Theater geschriebene Stück „Ein seltsames Paar“ des amerikanischen Autors Neil Simon ist erst über den Film richtig berühmt geworden. Jack Lemmon und Walter Mattau haben den beiden schrägen Figuren im Jahre 1968 im gleichnamigen Film ein wahrhaft unvergessliches Denkmal gesetzt. Mit diesem Bekanntheitsgrad hat es seinen Weg zurück auf die Bühne gefunden und ist jetzt auch im Staatstheater Darmstadt gelandet. Iris Stromberger führt die Regie und Christian Klischat (Oscar) sowie Stefan Schuster (Felix) sorgen für die Gefühlsaufwallungen auf der Bühne.

Die Pokerrunde. V.l.n.r.: Christian Klischat, Robert Lang, Florian Federl, Hans Weicker, Aart Veder, Stefan Schuster

Felix fehlt bei Oscars wöchentlicher Pokerrunde, und erst die telefonische Mitteilung von Felix´ Frau, man habe sich getrennt, bringt Unruhe unter die Pokerspieler, fürchtet man doch, Felix werde sich nach zwölf Jahren Ehe etwas antun. Wenn er dann an der Wohnungstür klingelt, weiß man auch den Grund für die Befürchtung: Felix ist ein ausgemachter Hypochonder und steigert sich in jedes Unglück mit wahrem Masochismus hinein.Oscar ist genau das Gegenmodell: Macho mit Hang zum Zocken und Trinken, dessen Wohnung sämtliche Klischees einer Junggesellenwohnung erfüllt.

Da Oscar befürchtet, Felix werde sich etwas antun, nimmt er ihn erst einmal auf, und Felix beginnt umgehend, sich für diese Großzügigkeit zu revanchieren. Man könnte auch sagen, zu rächen, denn Felix ist nicht nur Hypochonder sondern auch Pedant, der unter Ordnungswahn leidet. Er vereint alle negativen Eigenschaften, die man früher Hausfrauen nachsagte, die sich vor den erotischen Avancen ihrer Ehemänner ins Dauerputzen retteten. Felix macht aus Oscars Lotterbude einen Ort der sterilen Sauberkeit und putzt permanent hinter dem  bewusst nachlässigen Oscar her. Zum großen Eklat kommt es dann, als Felix das von Oscar geschickt eingefädelte Rendezvous mit den beiden Schwestern Gwendolin (Gabriele Drechsel) und Cecily (Karin Klein) von nebenan durch sein tolpatschiges, sauertöpfisches und jammerndes Verhalten vermasselt. Am nächsten Tag wirft Oscar ihn nach einer großen Szene hinaus, in der die beiden sich wie ein altes Ehepaar alle Wahrheiten und Unwahrheiten an den Kopf werfen. Felix zieht hoch erhobenen Hauptes mit dem Goldfischglas im Arm ab.

Stefan Schuster (Felix) und Christian Klischat (Oscar)

Für Oscar kann jetzt das alte Lotterleben mit vermüllter Wohnung, viel Alkohol und durchgepokerten Nächten wieder beginnen, doch da kommt noch eine Abschlusspointe, die er und die Zuschauer so nicht erwartet haben….

Iris Stromberger hat das Boulevardstück geradeaus ohne zusätzliche Ausdeutungen inszeniert. Im Mittelpunkt stehen die beiden Männer, die unterschiedlicher nicht sein könnten, und ihre Konflikte. Wer will, kann darin eine Paraphrase auf die Ehe sehen, wobei die Pointe darin besteht, dass hier ein Mann die Rolle der Frau übernimmt. Die verflossenen Ehen der beiden werden zwar erwähnt, aber nicht weiter thematisiert. Das Verhalten der beiden Männer sagt genug über die Scheidungsgründe aus. Bleibt also die Unfähigkeit zweier archetypischer Männer, miteinander auszukommen. Corina Krisztian hat dazu eine bühnenfüllende Wohnung geschaffen, die alle Anforderungen des Boulevardtheaters – „Tür auf“, „Tür zu“ – erfüllt und sich bei Bedarf spektakulär einmüllen lässt. Als Pausendekoration während der Umbauten dient eine abendliche Silhouette von New York, und dazu erklingt eingängige Popmusik der ausgehenden 60er Jahre.

Christian Klischat und Stefan Schuster sind ein gut aufeinander abgestimmtes Paar zweier unterschiedlicher Charaktere und spielen die Szenen mit viel Gespür für die Situationskomik aus, ohne sie plattzuwalzen. Die Dialoge sind kurz, präzise und treffen den berühmten Nagel auf den Kopf. Die einzige strukturelle Schwäche des Stücks liegt darin, dass die Konfliktlage schnell klar ist und sich dann nur noch vorhersehbar entwickeln kann. Überraschende Pointen sind spätestens ab der Mitte der Aufführung Mangelware. Und auch die Abschlusspointe überrascht zwar ein wenig, liefert aber letztlich auch keinen Knaller.

Karin Klein (Cecily) und Gabriele Drechsel (Gwendolin)

Man hätte der Inszenierung noch ein wenig mehr Kontur verleihen können, wenn man die beiden Frauen als ernst zu nehmende Gegenspieler der beiden Männer aufgebaut hätte. Inwieweit das mit dem vorgegebenem Text möglich ist, sei dahingestellt, aber Iris Stromberger lässt Karin Klein und Gabriele Drechsel als verklemmte, kichernde und rührselige Klischees der fünfziger und sechziger Jahre auftreten, die nur Gefallsucht, angetrunkene Dümmlichkeit und keinerlei Erotik verströmen. Das mag zwar vordergründig – gerade bei Männern! – ankommen, tut aber weder der Inszenierung noch den Frauen gut. Das sie am Ende noch eine gewisse Rehabilitierung erleben, kann die fast schon diskriminierende Anlage dieser beiden Frauenrollen nicht ausgleichen. Man kommt sich in der Rendezvous-Szene ein wenig wie in einem Schwank des 19. Jahrhunderts vor.

Doch Karin Klein und Gabriele Drechsel machen noch das Beste aus dieser fragwürdigen Vorlage und spielen ihre Rollen mit viel Spaß am Trash. In weiteren Rollen treten Florial Federl, Hans Weicker, Aart Veder und Robert Lang als Oscars Pokerfreunde auf und verleihen dadurch der Inszenierung ein wenig zusätzlichen Schwung und auch Witz neben den Streitereien der beiden Protagonisten.

Es gibt zwar durchaus witzigere und bissigere Komödien, aber insgesamt bietet diese Inszenierung einen unterhaltsamen Abend, wenn auch ohne den Anspruch tieferer Erkenntnisse.

Frank Raudszus

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