Christian Berkel: „Der Apfelbaum“

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Kann ein Filmschauspieler auch Buchautor sein? Christian Berkels Name steht prominent auf dem Buchtitel über dem Antlitz einer attraktiven Frau – er selbst blickt der potenziellen Leserin von der Rückseite des Einbands entgegen. Diese blättert zunächst verhalten in dem über 400 Seiten starken
Werk und fragt sich, ob die Prominenz des Autors vielleicht schon das Interessanteste an diesem Buch ist.

Aber diese Familiengeschichte ist keine alltägliche, wie schon der Klappentext zeigt. Im Zentrum von Christian Berkels Familiengeschichte steht seine Mutter Sala, die einer intellektuellen jüdischen Familie entstammt. Ihr Leben führt durch verschiedene Gesellschaftskreise, mehrere Epochen, viele Länder Europas bis nach Argentinien. Er setzt das Schicksal seiner Mutter in den größeren Kontext, indem er die persönlichen Erlebnisse gelungen mit historischen Ereignissen verwebt.

Berkel beschreibt die Facetten des letzten Jahrhunderts; die karge Realität der Berliner Arbeiterklasse und deren Hinterhöfe und im Gegensatz dazu eine Kommune in Ascona, die als Lebensreform konzipiert war, „ein Utopieraum für Künstler und Parias“. Auf der Flucht vor den Nationalsozialisten lebt Sala zunächst in der schillernden, lebendigen Mode-Metropole Paris, wird jedoch später in einem Lager in den Pyrenäen interniert, entkommt diesem zwar, muss dann jedoch in Leipzig untertauchen.

Berkel macht auch die Emotionen einzelner Personen erlebbar; Liebe, Neugier und Aufbruchstimmung ebenso wie Hunger, Angst und Verzweiflung. Wir kommen Sala von Kapitel zu Kapitel näher – und dennoch bleibt sie bis zuletzt geheimnisvoll.

Diese Geschichte ist dicht, spannend, intensiv. Und ja: ein Filmschauspieler kann ein exzellenter Autor sein.

Das Buch ist 2018 im Ullstein-Verlag erschienen, hat 416 Seiten und kostet 22,- Euro.

Anna Verena Hinrichsen

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