Die Kammerspiele des Staatstheaters Darmstadt präsentieren „Laurel & Hardy“

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Klaus Ziemann (Ollie), Aart Veder (Stan)
Blick zurück aufs frühe Komik-Kino

Die Kammerspiele des Staatstheaters Darmstadt präsentieren „Laurel & Hardy“
Jüngere Theatergänger mögen mit den Namen Oliver Hardy und Stan Laurel nichts mehr anzufangen wissen, andere kennen zwar die Gesichter, aber nur unter dem etwas simplen Namensdoppel „Dick und Doof“. Doch vor allem in den Jahren vor dem zweiten Weltkrieg hatten diese beiden Komiker Kultstatus inne. Sie definierten – zusammen mit Charly Chaplin und Buster Keaton – die Kinokomik der Stummfilmzeit und konnten ihren Erfolg auch in der Ära des Tonfilms fortsetzen. Zwar verlosch ihr Stern in den fünfziger Jahren, aber ihre Slapstick-Filme blieben bis weit in die Sechziger und Siebziger im Programm des aufkommenden Fernsehens und begeisterten Kinder und Erwachsene. In den Kammerspielen des Staatstheaters stellen Aart Veder (Stan Laurel) und Klaus Ziemann (Oliver Hardy) die Karriere des Komikerduos nach. Bernhard Kießing spielt dazu Stummfilm-Musik, mit der er bestimmte Handlungselemente akustisch verstärkt, und  begleitet die beiden Darsteller bei Gesangseinlagen berühmter Schlager der damaligen Zeit.

Die üblicherweise offene Bühne der Kammerspiele präsentiert sich zu Beginn als Varieté-Bühne mit rotem Samtvorhang. Aart Veder tritt in der typisch veränstigten und weltfremden Art des Stan Laurel vor den Vorhang, schaut links und rechts und verschwindet. Es folgt Klaus Ziemann als verbal präsenter Oliver Hardy, der Laurel zurück auf die Bühne zerrt und von ihm erfährt, er sein wieder gegangen, weil er zu früh am Treffpunkt war. Das ist die typische Art des verbalen Slapsticks von Stan und Laurel.

Aart Veder (Stan), Klaus Ziemann (Ollie)Im weiteren Verlauf des Gesprächs stellt sich heraus, das beide mittlerweile gestorben sind und sich im Jenseits wiedergesehen haben. Nun wollen sie die Geschichte ihres gemeinsamen Erfolges noch einmal Revue passieren lassen. Auf drei ständig ineinander verwobenen Ebenen läuft jetzt die Geschichte von „Stan & Laurel“ ab: einmal ist da die wehmütige, aber durchaus realistsiche Rückschau zweier ehemals erfolgreicher Darsteller aus der Perspektive des Jenseits; dazu kommen die Szenen ihrer beruflichen Laufbahn, die zeigen, dass Stan Laurel udn Oliver Hardy (natürlich) nicht identisch mit ihren Figuren waren, sondern duchaus ihre Männer im Leben standen. Dabei übernehmen beide auch die Rollen von Produzenten, Regisseuren und anderen Filmpartnern, und Klaus Ziemann ist als frühere Partnerin von Stan Laurel in Frauenkleidern immer für einen Lacher gut. Die dritte Ebene sind die Slapstick-Szenen, die die beiden als ihre Kunstfiguren vorführen. Tolpatschigkeit, Begriffsstutzigkeit und lautes Lamentieren sind die Markenzeichen dieser Sketches, die das Genre für Jahrzehnte geprägt haben. Ein Beispiel dafür ist die Szene mit der Trittleiter, die sie sich unabsichtlich um die Ohren hauen oder mit der Stan seinem Freund die Finger einklemmt. Diese Slapstick-Szenen hatten auch immer etwas mit Schadenfreude zu tun. Es freut die Zuschauer doch stets, wenn jemand anders durch die Tolpatschigkeit eines Dritten zu Schaden kommt. Man befürchtet stets eine solche demütigende Situation für sich selbst und ist hoch erfreut, wenn es einen anderen trifft, frei nach Wilhelm Busch: „, bemerkte Schlich, „.

Aart Veder und Klaus Ziemann gehen in etwas über einer Stunde durch das Filmleben der beiden Komiker, Dazu erscheinen auf der Rückwand ausgewählte Fotos aus Kindheit, Jugend und Leinwandleben der Originale. Die beiden Darmstädter Darsteller hauchen den lange verblichenen Komikern noch einmal Leben ein, wobei allerdings Klaus Ziemann mit einem künstlichen Bauch etwas nachhelfen muss, um die üppige Figur von Oliver Hardy wiederzugeben. Aart Veder dagegen hat das Glück, mit seiner Figur weitgehend das Vorbild Stan Laurel zu treffen. Um allerdings dessen Körperhaltung und Mimik authentisch darzustellen, musste er sich eigener Aussage zufolge hundert Stunden Filme der beiden Komiker ansehen. Auch keine schlechte Art, seine Arbeitszeit im Sinne der Sache zu verbringen.

Wer gedacht hatte, dieser Abend böte ausgiebige Möglichkeiten für Lacher, sah sich getäuscht. Natürlich gab es auch die üblichen Sketche – eben die Leiter-Nummer -, aber Ziel dieser Aufführung war, neben dem Leben der beiden Protagonisten auch ihre Charaktere vorzustellen. Daraus ergab sich dann, dass Komiker – auch die total „verpeilten“ wie Stan Laurel oder die wichtigtuerischen wie Oliver Hardy – im „richtigen Leben“ durchaus nüchterne, zielstrebige und alles andere als tolpatschige Mitbürger sind. Ein wenig Nostalgie war dann allerdings auch bei dieser Rückschau auf die Frühzeit des Kinos dabei. Denn die meisten von uns haben diese beiden Komiker früher oder später und in unterschiedlichem Ausmaß durch das Leben begleitet. Jetzt, da diese Ära lange vorbei ist, erinnert man sich gerne daran, und das Lachen über die beiden nimmt eher nostalgische Züge an.

Das Publikum zeigte sich von dieser unterhaltsamen Show, die auch den Pianisten immer wieder als Mitspieler einbezog, angetan und spendete kräftigen Beifall. Leider werden Folgeaufführungen erst wieder im Oktober stattfinden. Liebhaber von „Dick & Doof“ müssen sich also etwas gedulden.

Frank Raudszus

Alle Fotos © Barbara Aumüller

 

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