Das Varieté „Da Capo“ präsentiert das neue Programm „Diva Burlesque“

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Die zweistöckige Hochseilnummer
 Spaß und Sport, Witz und Wirbel

Das Varieté „Da Capo“  präsentiert das neue Programm „Diva Burlesque“
Als Diva bezeichnet man eine sehr eigensinnige, egozentrische Persönlichkeit, oft aus dem Showbusiness und gerne auch eine Frau, was nicht bedeutet, dass es unter Männern keine Diven gäbe. Die Diva steht gerne im Mittelpunkt, genießt es, hofiert zu werden und lässt ihrem Unwillen bei mangelnder Aufmerksamkeit freien Lauf. James Jungeli, Chef des Varietés „Da Capo“, hat diesen Künstlertyp als Leitmotiv des diesjährigen Programms gewählt, das am 6. Dezember am Karolinenplatz seine Premiere feierte.

Der Komiker Fumagalli (r.)In diesem Fall ist es eine korpulente Frau, die sich immer wieder in die Auftritte der Tänzerinnen drängt und in den Mittelpunkt zu spielen versucht. Dabei zieht sie all die bekannten Register einer Frau: provozierende, vermeintlich erotische Drehungen und Wendungen, hochgerecktes Kinn und der wiederholte, prätentiöse Griff an die Haare. Natürlich singt sie auch die Lieder, die von der Band über dem Eingang zur Manege begleitet werden, und nur, wer genau hinschaut, stellt fest, dass die wahre Sängerin oben bei den Musikern steht und die Diva nur „play back“ spielt. Das Diven-Motto ist anfangs noch witzig, verliert jedoch bald an Originalität, da diese bewusst „falsche“ Diva keine eigenen Leistungen zuwege bringt. Zumindest bringt diese narzisstische Figur in alle Auftritte, an denen sie beteiligt ist, einen gewissen Humor hinein, der den Ernst mancher schwierigen akrobatischen Vorführung etwas abmildert. Zwar haben auch die Akrobaten gelernt, bei ihren Kunststücken strahlend zu lächeln, aber aufgrund der hohen physischen und psychischen Anspannung kann dieses Lächeln nie entspannten Humor entfalten.

Das Programm ist in diesem Jahr etwas gestreckt. Vielleicht hatte James Jungeli gemerkt, dass bei einer zu schnellen Abfolge höchst anspruchsvoller akrobatischer Nummern die eine der anderen die Wirkung raubt. Solche Kunststücke benötigen um sich herum einen gewissen Frairaum, um wirklich wirken zu können. Ein hoher Berg fällt auch nur in gemäßigt hügeliger Umgebung auf, nicht aber neben lauter gleich großen Bergen. So nehmen in diesem Programm die „Pausen“ zwischen den einzelnen Akrobatiknummern mehr Platz ein, sind dabei jedoch selbst als eigene Programmpunkte konzipiert. 

Schon der Beginn bringt das Konzept auf den Punkt: ein schusseliger Conferencier im roten Direktorenkostüm begrüßt das Publikum mit allerlei Späßen, die das Publikum in einen entspannten und lachbereiten Zustand versetzen sollen. Direkt daran anschließend tritt die „Diva burlesque“ als vermeintlich männermordender Vamp auf, bevor die Tanztruppe aus gertenschlanken Mädchen in rot-schwarzen Kostümen zum ersten Mal ihre temperamentvolle Choreographie zeigt. Erst als vierter Programmpunkt tritt ein klassischer Varieté-Künstler mit einem anspruchsvollen Kunststück auf: der Balljongleur jongliert allerdings nicht aus den Händen nach oben, sondern nutzt den Boden als Prallzone. Die Bälle tanzen durch seine Beine und um ihn herum, und bei jedem Durchgang nimmt ihre Zahl zu, so dass am Schluss unglaubliche acht Bälle durch die Luft springen. Nach einem Zwischenspiel der nun in Silber auftretenden Tänzerinnen kommt das Paar „Quick-Chance“, das in schnell wechselnden Kostümen – dazu springen jeweils Umkleidekabinen aus dem Bühnenboden – tänzerisch witzige Geschichten erzählt, bei denen es meist um die Beziehung Mann-Frau geht.

Die Artisten auf dem TodesradAuch die nächste Nummer ist weniger artistisch als witzig. Sechs Artisten mit martialischen Schnauzbärten und weißer Sportkleidung, die man leicht dem Beginn des 20. Jahrhundnerts zuordnen kann, kommen zu den Klängen eines preußischen Militärmarsches auf die Bühne und karikieren das Sportprogramm der Kaiserzeit. Das geht es  recht lustig zu, und auch mutige Freiwillige aus dem Publikum werden mit einbezogen. Die mit großem Trommelwirbel angekündigten Akrobatiknummern enden dann stets in einer witzigen statt artistischen Pointe.  Nach einem leicht erotisch getrimmten Auftritt der Tänzerinnen – sie tragen rote Herzen auf dem verlängerten Rücken – zeigt die Kontorsionistin (Schlangenfrau), zu welchen unglaublichen Verrenkungen der menschliche Körper fähig ist. Zeitweise mag man kaum hinschauen, weil man sich den Schmerz am eigenen Körper vorstellt.

Ein echter Höhepunkt des ersten Teils ist die Drahtseil-Akrobatik hoch oben über der runden Manege. Die vierköpfige Artistentruppe überquert das dünne Seil nicht nur einzeln und in Sprüngen übereinander, sondern zum Schluss sogar zweistöckig, wobei einer auf einem Stuhl steht. Das muss man gesehen haben! Diese Spannung kann dann selbst die anschließende Bodenakrobatik von zwei Artisten nicht mehr überbieten, obwohl auch sie noch einmal Körperbeherrschung der Sonderklasse zeigen.

Nach der Pause wechselt die Musik ein wenig ins „James Bond“-Lager und schafft gleich die entsprechende Spannung für den nächsten Programmpunkt. Aus zwei einander gegenüber aufgebauten „Schiffsschaukeln“ lassen sich die Artisten hoch in die Luft katapultieren, um dann punktgenau in der anderen Schaukel zu landen. Das erfordert genaueste Abstimmung der beiden Schaukeln, um den Springer nicht in der Luft „hängen zu lassen“. Auch hier gehört wieder eine längere Comic-Einlage dazu, die einerseits die Spannung der artistischen Vorführungen zurückfährt und damit die Aufnahmefähigkeit für weitere Höhepunkte wiederherstellt. Die Nummer ist vielleicht etwas überdehnt, und das Wasserspritzen mit dem Mund wird weidlich ausgekostet, doch Lacher sind dank der herrlich begriffsstutzigen Mimik des Komikers Fumagalli garantiert.

Zwei artistische Nummern sorgen für den finalen Höhepunkt. Nach der „Fun und Actionakrobatik“ der Ikarier in einem Käfig kommt es – nach einem grotesken Auftritt der „Diva Burlesque“, die dieses Mal ihre Fähigkeiten mit den Hula-Reifen zeigt – schließlich zur obligatorischen Abschlussnummer: dem Todesrad, das sich in der Gestalt eines überdimensionierten Knochens um den Mittelpunkt dreht, wobei die beiden Akrobaten entweder innen in den Rädern an den Enden des „Knochens“ oder auf deren Außenseiten laufen und springen, zeitweise sogar mit verbundenen Augen. Obwohl man diese Nummer schon oft gesehen hat, fürchtet man jedes Mal von neuem, dass der Läufer auf der Außenseite einmal zu langsam oder zu schnell ist und in hohem Bogen auf die Erde stürzt. Das geschieht natürlich nicht, denn die beiden beherrschen das Gerät und ihren Körper in einem Maße, wie es sich ein normaler Mensch mit seinem Körpergefühl nicht vorstellen kann.

Auch in diesem Jahr bietet James Jungeli wieder ein ausgewogenes Programm in dem auf Zirkusmanier eingerichteten Zelt zusammengestellt. Die Plätze rings um die zentrale Manege bieten überall gute Sicht, und jeder Besucher verfügt über einen Tischplatz, so dass auch der kulinarische Teil des Abends ganz entspannt verläuft.

Das Premierenpublikum zeigte sich begeistert und spendete kräftigen Beifall.

Frank Raudszus

Das Programm „Diva Burlesque“ läuft bis zum 6. Januar, Montag bis Samstag um 20 Uhr, Sonntag um 14 Uhr und 19 Uhr

 

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