Sandra Gran: „Die Stadt der Toten“

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Ein Krimi über die Katstrophe in New Orleans

Claire DeWitt, nach eigenen Aussagen die beste Detektivin der Welt, erhält den Auftrag, in New Orleans den Staatsanwalt Vic Willings zu finden, der seit der Hurrikan-Katastrophe verschollen ist. Vielleicht ist er ertrunken wie tausende andere Menschen auch. Vielleicht lebt er noch irgendwo. Vielleicht wurde er ermordet. Claire hat keinerlei Anhaltspunkte und muss sich in der zerstörten Stadt mit tausenden von Obdachlosen auf Spurensuche begeben.

Vic gilt als ehrlicher Anwalt; einer von wenigen, denn die meisten gelten als korrupt. Er hat viele kleine Fälle gewonnen, die meisten größeren jedoch verloren. Zeugen sagen in New Orleans nicht gerne gegen Drogendealer oder Mörder aus. Tun sie es dennoch, ist es oft ihr eigenes Todesurteil. Einhunderteinundsechzig Morde sind im Vorjahr begangen worden. Davon ist nur ein einziger Fall aufgeklärt worden. Hier herrscht also eher Anarchie als ein funktionierendes Rechtssystem. Vic hat sich häufig für schwarze Jugendliche eingesetzt und sie in Jobs und Schulen untergebracht.

Claire erhofft sich daher, bei den jungen Schwarzen Antworten zu finden. Es ist ein trauriger Job, die vewahrlosten, schwerbewaffneten Jugendlichen zu treffen und in ihre Welt der Perspektivlosigkeit einzutauchen. Viele haben durch den Sturm und die Überschwemmung Eltern, Verwandte und Unterkunft verloren. Der Staat tut nichts für sie. Es ist ein täglicher Kampf ums Überleben. Claire lässt sich auf die Jugendllichen ein, raucht Joints mit ihnen und versucht, ihr Vertrauen zu erwerben und damit Informationen zu bekommen. Sie ermittelt auf sehr ungewöhnliche Weise, indem sie die Seelen der Kinder erforscht.

Der Leser leidet und kämpft mit ihr und ist schockiert über den Grad der Verwahrlosung bei den jungen Leuten. Fast will die beste Ermittlerin schon aufgeben, zumal ihr Kunde auf einmal den Auftrag zurückzieht.  Doch das interpretiert sie als sicheres Zeichen dafür, dass sie auf der richtigen Fährte ist….

Sara Grans Roman „Die Stadt der Toten“ ist eine Mischung aus sozialkritischem Roman und Kriminalgeschichte. Für deutsche Leser mit dem Hintergrund eines ausgeklügelten Bildungs- und Sozialsystems ist die Lektüre harte Kost, wenn man liest, wie der US-amerikanische Staat sich aus der Verantwortung für seine geschundenen Bürger in der zerstörten Stadt stiehlt und jegliche Fürsorge vermissen lässt. Und selbst Vic Willings, der verschollene Staatsanwalt, will den Jugendlilchen nicht nur Gutes tun sondern lebt seine eigenen Gelüste aus.

Das Buch „Die Stadt der Toten“ ist im Droemer-Verlag unter der ISBN 978-3-426-22609-4 erschienen, umfasst 360 Seiten und kostet 14,99 €.

Barbara Raudszus

 

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