Jürgen Roth: „Franz Josef Strauß“

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1303_strauss.jpg Ein Porträt in Originaltönen mit Kommentaren von Gerhard Polt

Wer kennt heute noch  – vor allem in der jüngeren Generation – Franz-Josef Strauß, den bayerischen Politiker mit dem einmaligen Profil? Vor knapp 25 Jahren verstarb der damals erst Dreiundsiebzigjährige an einem Herzinfarkt, der ihn mitten aus einem immer noch ausgesprochen politischen Leben riss.
Das vorliegende Hörbuch versammelt jetzt eine Reihe von Ausschnitten aus öffentlichen Reden und Interviews und konfrontiert sie mit Reden und Aussagen seiner politischen Zeitgenossen und Gegener, allen voran Herbert Wehner, der auf der Seiten der Linken etwa den Platz einnahm, den Strauß auf der rechten Seite des politischen Spektrums besetzte.

Beide waren begnadete Redner und wussten sich unmissverständlich bis deftig auszudrücken. Für den politischen Gegner hatte man stets eine passende und meist demütigende Metapher bereit. Beide dienten dabei ungewollt der der – intellektuellen – Volksbelustigung.
Franz-Josef Strauß begab sich bereits in den fünfziger Jahren von Bayern aus auf das bundespolitische Feld und bekleidete ab 1953 verschiedene Ministerposten. Als Befürworter von Atomwaffen geriet er bereits früh ins Kreuzfeuer seiner politischen Gegner, und seinen GAU erlebte er, als er 1962 wegen rechtswidrigen Vorgehens in der „Spiegel“-Affäre vom Amt des Verteidigungsministers zurücktreten musste. Doch er wäre nicht Strauß gewesen, hätte er sich in den privaten Schmollwinkel zurückgezogen. Von München aus belagerte er die verschiedenen Regierungen in Bonn als Ministerpräsident Bayerns mit politischen Schmähreden und pointierten Angriffen. Dabei war er jedoch kein Goebbels, obwohl ihm dies so mancher Gegner andichten wollte, sondern stand auf dem Boden des Grundgesetzes, wenn auch als Konservativer. Seine hohe Intelligenz – er hatte 1934 das beste Abitur in ganz Bayern abgelegt und hielt eine Rede auch schon mal auf Lateinisch – ermöglichte es ihm, schnell auf gegnerische Angriffe zu reagieren und seine schlagfertigen Repliken mit einem hohen Grad an volksnaher Rhetorik zu würzen.
Die Ausschnitte aus seinen öffentlichen Auftritten verbindet Gert Heidenreich mit knappen und weitgehend neutralen Bemerkungen, die keine politische Bewertung enthalten, sondern höchstens einmal ironisch auf besonders deftige Aussagen eingehen. Ansonsten lässt dieses Hörbuch vor allem Franz-Josef Strauß im „O-Ton“ zu Worte kommen. Das ist ein rhetorischer Hochgenuss, denn Strauß zieht alle Register der Redekunst, wartet mit kräftigen Bildern auf, gern auch aus dem Tierbereich, und weiß seine Meinung stets sehr anschaulich und mit viel Nachdruck auszudrücken. Dass er dabei das ein oder andere Mal über das Ziel hinausschießt, versteht sich fast von selbst; was heißt im politischen Geschäft schon Fairness?
Als Kommentator tritt auch der Kabarettist Gerhard Polt auf, der – bestimmt kein politischer Anhänger von Franz-Josef Strauß – doch sein Redetalent und seine intellektuelle Kraft ausdrücklich lobt. Die Inhalte seiner Reden, die mitterweile nur noch historische Bedeutung aufweisen, stehen bei den Komentaren und Randbemerkungen nicht zur Debatte. Man könnte fast meinen, alle hätten bei der Produktion dieses Hörbuchs ein Vierteljahrhundert nach dem Tod des großen bayerischen Volkstribuns – so nennt ihn Gerhard Polt – ihren Frieden mit ihm gemacht.
Für die Generation, die Franz-Josef Strauß noch persönlich als Politiker erlebt hat, bietet dieses Hörbuch ununterbrochen Wiedererkennungseffekte, und man ist noch einmal beeindruckt von der – nicht nur – intellektuellen Vitalität dieses Mannes, auch wenn man seine politischen Ansichten damals nicht geteilt hat. Für junge Leute bietet das Hörbuch einen Einblick in eine Zeit, als in politischen Reden noch nicht die „political correctness“ und wahhltaktische Überlegungen im Vordergrund standen.
Das Hörbuch umfasst zwei CDs mit einer Gesamtlaufzeit von 158 Minuten, ist im Kunstmann-Verlag unter der ISBN 978-3-88897-764-0 erschienen und kostet 19,95 Euro.

Frank Raudszus

 

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