Das Rheingau-Musik-Festival begeistert die Zuschauer mit „Acoustic Africa – Women´s Voices“

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Manou Gallo

Afrikanische „Frauen-Power“ im Kurhaus Wiesbaden  

Das Rheingau-Musik-Festival begeistert die Zuschauer mit „Acoustic Africa – Women´s Voices“
Eigentlich war diese Veranstaltung als Freiluftkonzert auf der Seebühne von Schloss Vollrads geplant. Doch leider machten Unwetterwarnungen einen Strich durch diese Rechnung und zwangen zu einer Verlagerung in das Kurhaus Wiesbaden. Dass es an diesem Abend dann doch nicht unwetterte, war als Ironie des Wettergottes zu verstehen, tat aber der Qualität des Abends keinen Abbruch.

Dobet GnahoréDie afrikanische Kultur, speziell die Musik, ist seit einiger Zeit in Europa auf dem Vormarsch. Dabei besinnt sie sich immer mehr auf die eigenen musikalischen Wurzeln und verzichtet zunehmend auf die Musikstücke des Jazz, die Ella Fitzgerald oder auch Sarah Vaughan berühmt gemacht haben. Dagegen treten die heutigen Sängerinnen das Erbe von Miriam Makeba an, die bereits authentische afrikanische Musik interpretiert hat.

Drei Sängerinnen spielen dabei eine besondere Rolle: wuchs bei ihrer Großmutter in einem kleinen Dorf der Elfenbeinküste auf, ist mit 40 Jahren die älteste und hat sich bereits als Kind gegen den Widerstand ihrer Umgebung das den Männern vorbehaltenen Trommeln beigebracht. Später stieg sie ganz in die Musik und vor allem ins Gesangsfach ein und gründete schließlich eine rein afrikanische Frauenmusikgruppe.

– Jahrgang 1982 – dagegen wuchs bereits in einem Künstlerdorf als Tochter des Gründers auf und sog die Musik sozusagen mit der Muttermilch auf. Außer mit ihrer volltönenden Stimme beeindruckt sie auch mit Tanzkünsten, die zeitweise akrobatische Züge annehmen. Von den drei Frauen ist sie die temperamentvollste.
schließlich wurde Ende der 70er Jahre in Kamerun geboren und lebt als einzige der drei Frauen auch heute noch in ihrer Heimat. Ihr get es darum, die Zustände in ihrer Heimat – Hunger und Armut – zu verändern. Dafür singt sie und tritt weltweit auf.

Kareyce FotsoAlle drei Frauen weisen die stimmlichen Qualitäten auf, die offensichtlich vor allem bei den farbigen Frauen afrikanischer Abstimmung besonders stark ausgeprägt sind. Mühelos füllen sie mit ihren Stimmen beliebig große Säle und können sich dadurch auch gegen die bei Freiluftkonzerten kritischeren akustischen Bedingungen durchsetzen.
Bei ihrem Konzert stand ihnen eine dreiköpfige Männerband mit Aly Keta (Balafon), Boris Tchango (Schlagzeig) und Zoumana Diarra (Gitarre) zur Seite, die für aufpeitschende Rhythmen und breite musikalische Untermalung zuständig waren.

Das Balafon eröffnete den Reigen mit einem langen Solo von Aly Keta, der hier bereits die volle klangliche Bandbreite dieses Xylophons afrikanischer Bauart zeigte. Im Gegensatz zu dem europäischen Xylophon oder auch dem Vibrapho weist das Balafon eine wesentlich größere Klangfülle auf, was sowohl an der Größe des Instruments als auch an den Kalebassen als zusätzliche Resonanzkörper liegt. Aly Keta dominierte den instrumentalen Teil des Abends eindeutig, auch wenn Diarra oder Tchango mit virtuosen Soli aufwarteten. Wenn Keta jedoch die Klöppel wirbeln ließ, spielte er die anderen an den Rand des Geschehens.

Da konnten nur die drei Frauen mit ihrer Stimmgewalt, ihrem Witz und ihrem Temperament gegenhalten. Und das taten sie mit viel Verve. Einzeln, im Duett oder gar Terzett trugen sie afrikanische Lieder vor, mal temperamentvolle, fast wilde, dann wieder verträumte, lyrische Liebeslieder. Dazu spielten sie entweder auf der Gitarre oder – – auch einmal auf der Trommel, wobei man das Muskelspiel ihrer Oberarme bewundern konnte. In einem Stück steigerte sich die gesamte Gruppe langsam aber stetig in einen Musikrausch hinein, der vom Balafon und dem Schlagzeug mit einem durchgehenden, ostinaten Rhythmus unterlegt war. Bei diesem Stück kamen die afrikanischen Wurzeln besonders stark zum Ausdruck. In anderen Liedern dagegen war unverkennbar der Einfluss der europäischen Musik zu erkennen. Statt wiederkehrender einfacher Motive standen dann Melodiekonstrukte mit A- und B-Thema sowie längerer Melodiebögen im Vordergrund. Dennoch verlor die Musik auch dann nicht ihre afrikanische Authentizität, da der Rhythmus und die losgelöste Art des Gesangs immer wieder eine ganz eigene, ursprüngliche Note in die Musik brachten.

Ein Lied begleitete mit einem besonders ekstatischen Tanz, der teilweise an Bodenakrobatik erinnerte und dennoch stets musikalisch-leicht wirkte. Dann wieder spielte Aly Teka auf dem Balafon kunstvoll „Guten Abend, gute Nacht“ als Verneigung vor dem deutschen Publikum. Den zweiten Teil begann mit einer speziellen Vorführung  auf einem flötenartigen Instrument. Dazu erzeugte sie kehlige Mundgeräusche direkt am Mikrofon und setzte auch ihre Stimme auf vielfältige Weise ein, und das Schlagzeug untermalte diese akustische Performance mit einem ostinaten Rhythmus.

Während sich meist mit einer speziellen vierseitigen Gitarre im Hintergrund hielt und nur gezielt zu einzelnen Auftritten an den Bühnenrand trat, interpretierten und abwechselnd afrikanische Lieder unterschiedlichster Ausdruckbreite, von wild-rauschartig bis introvertiert und traurig. Beide bestachen dabei durch ihr sängerisches und darstellerisches Temperament. Auch ein „Slow Rock“ war unter den präsentierten Musikstücken, wie er jeder Rockgruppe Ehre machen würde.

Die drei Sängerinnen und ihre Begleiter gönnten sich und dem Publikum außer der offiziellen Pause keine weiteren Ruhephasen, sondern hielten die musikalische Spannung bis zum Schluss hoch. Am Ende gab es dann noch ein Lied zum Mitklatschen und dann zum Mitsingen. Das Publikum sollte den Refrain mitsingen und tat dies auch. Da aber niemand den Sinn der gesungenen Worte verstand, verebbte der Gesang des Publikums bald wieder. Das letzte Stück jedoch lud noch einmal zuzm rhythmischen Klatschen ein, und die drei Damen auf der Bühne rissen das Publikum tatsächlich von den Stühlen, so das die letzte Viertelstunde einer gesungenen und geklatschten „standig ovation“ glich.

Frank Raudszus

 

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