Beim Rheingau-Musik-Festival auf Schloss Vollrads präsentiert die „Nights of the Gentlemen“ Fetsum udn Alexander Stewart

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Fetsum Sebhat

Ein Sommerabend mit Soul und Smooth Jazz  

Beim Rheingau-Musik-Festival auf Schloss Vollrads präsentiert die „Nights of the Gentlemen“ Fetsum und
Am Tag zuvor hatte eine – falsche – Unweettervorhersage die Veranstaltung „Acoustic Africa“ in das Wiesbadener Kurhaus vertrieben, an diesem Abend jedoch hatten die Wetterauguren auf jegliche Warnung verzichtet – zu Recht, wie sich herausstellte. Bei herrlichem Sommerwetter flanierten die Besucher schon lange vor Beginn (19 Uhr) durch den Garten des Schlosses und labten sich an Speisen und Getränken, bevor das Abendprogramm unrter wolkenlosem Himmel und im Schatten der Bäume begann.

Anspruchsvolle Unterhaltungsmusik von Soul bis Jazz stand auf dem Programm, und der Grundtenor war eher verhalten bis melancholisch, teilweise etwas elegisch. Den ersten Teil bestritt , kurz Fetsum genannt. Er ist gebürtiger Eriträer, kam aber bereits als Kleinkind nach Deutschland und wuchs in Baden-Württemberg auf. Als sozialisierter Deutscher spricht er sein Publikum daher in seiner zweiten Muttersprache an, doch er nutzt diese Möglichkeit zwischen seinen Stücken nur selten. Wenn er das Publikum einmal direkt anspricht, zeigt er durchaus Witz und Charme, doch meist geht er fast kommentarlos von einem Stück zum nächsten über.

Drei Musiker (Schlagzeug, Gitarre, Bass) verleihen Fetsums Songs die rhythmische udn harmonische Basis, treten aber selbst nie als Solisten auf. Fetsums Repertoire besteht sowohl aus bekannten Songs des Souls und des Afro-Beats wie aus Eigenkompositionen. All seinen Stücken ist der aufbegehrende, bisweilen sehnsüchtige Tenor eigen, wie man ihn vor allem vom Soul kennt. Schreitende, markante Rhythmen verleihen seiner Musik einen ganz eigenen Charakter: afrikanisch, aber mit Anleihen bei der europäischen Musik. Seine weiche, volltönende Stimme kommt dieser Art von Musik zugute und lässt sie erst richtig zur Wirkung kommen. Und wenn er einmal einen Reggae-Song einflicht, so ist das kein touristischer, eingänger Abklatsch dieser Musikform, sondern durchaus kantig und eigenwillig. Dann wieder trägt er ein Lied über den Alltag in Afrika vor. Wegen mangelnder Textverständlichkeit muss sich der Zuhörer die Aussage aus der Musik erschließen, und man erahnt Mühsal und eine gewisse Monotonie, die das karge Leben dort prägt. 
In „All my People“ aktiviert er zum ersten Mal das Publikum, um danach mit einer Ballade über eine (geliebte?) Person nachdenklich zu werden.
Erst gegen Mitte seines Auftritts flicht Fetsum eine Moderation ein, um das Programm etwas aufzulockern. Er hätte das durchaus öfter tun können, denn die Songs erschließen sich dem Zuhörer trotz der unbestrittenen musikalischen Qualität nicht unbedingt von selbst. Mit „Revolution Sound“ kann Fetsum das Publikum zum Mitsingen motivieren, und dann steigert er sich mit einem temperamentvollen, rhythmisch und melodisch dichten Song. Mit „Higher“ bringt er die Zuschauer zum Schluss noch einmal zum Mitsingen und -klatschen.

Fetsums Auftritt litt ein wenig darunter, dass er zu wenig über seine Songs erzählte. Einige dürre Worte reichen nicht, um einen kaum zu verstehenden Text richtig einordnen zu können. Dabei ist es doch so leicht, die Hintergründe und die Aussage eines Songs vorher zu erklären. Der Beifall des Publikums steigerte sich folgerichtig nie zu Ovationen sondern verblieb im Rahmen des Freundlich-Höflichen.

Alexander StewartDa hat der zweite Künstler des Abends, aus Manchester, schon mehr zugelernt. Seine Band besteht nicht nur aus Begleitern, sondern er hat mit Nathaniel Alexander Facey (Alt-Sax) und Robert James Barron (Piano) zwei starke Solisten in seiner Band, die er auch ausgiebig zu Solo-Auftritten kommen lässt. Dennoch kann er seine Rolle als Bandleader und „Aushängeschild“ ausfüllen, da er nicht nur hervorragend singt sondern auch die Rolle des Conferenciers beherrscht. Bei einem seiner Liebeslieder fragt er eine attraktive Dame aus der ersten Reihe nach ihrem Namen (Christine), baut diesen in sein Liebeslied ein und bittet sie obendrein noch auf die Bühne, um sogar mit ihr zu tanzen. Außerdem erklärt er seine Songs und bleibt generell zwischen den einzelnen Songs mit dem Publikum im Gespräch. ist bereits in der Reihe „Konzert & Brunch“ des Rheingau Musik Festivals im Februar aufgetreten und hat dort weitgehend die gleichen Stücke präsentiert wie an diesem Abend. Wegen des wesentlich kleineren Auditoriums im Februar bestand jedoch nicht die Gefahr der Wiederholungsmüdigkeit.

Stewart verlässt sich zum großen Teil auf Klassiker des „smooth jazz“ mit Stücken wie „Too marvelous“, „All or nothing at all“ oder „Fifty ways to leaave your lover“. Doch auch die Beatles – „baby you can drive my car“ als Remake – oder rhythmisch laszive Latin-Songs gehören zu seinem Repertoire. Generell überwiegen die nachdenklichen, teilweise resignierenden Lieder über endende oder verschmähte Liebe, wie sie der Jazz der dreißiger und vierziger Jahre hervorbrachte. Der Swing ist mit „There´s no moon at all“ und anderen Stücken vertreten, und der Klassiker „One for my Baby and one more for the road“ darf auch nicht fehlen.
Das Ende seines Auftritts zelebriert der trotz seiner Jugend schon so bühnenerfahrene Sänger geradezu. Das letzte Stück wird angekündigt und gesungen, die Musiker werden vorgestellt, und fast nahtlos geht es zu dem reichhaltigen Zugabenprogramm über, das er dem willigen Publikum geschickt verkauft. Im Laufe dieser Stunde hat Stewart den Draht zu seinen Zuhörern gefunden und reicht ihnen zum Abschluss die Zugaben wie Geschenke hinunter: „Call me“ und das unverwüstliche „A chair ist still a chair“ neben anderen Songs, die vom Publikum mit viel Beifall aufgenommen werden.

Als dann wirklich Schluss war, hatte man das Gefühl, es hätte noch stundenlang so weitergehen können. Das Wetter hätte dabei auf jeden Fall mitgemacht, aber die Musiker wollten irgendwann auch einmal Feierabend machen.

Alles in allem ein musikalisch angenehmer Abend mit gezügeltem Temperament udn viel Herzschmerz in den Songs.

Frank Raudszus

 

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