Das ProfiSorium-Theater spielt im Darmstädter HoffART-Theater die Komödie „Currywurst mit Pommes“

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Das
Treffpunkt der Alltagsnomaden  

Das ProfiSorium-Theater spielt im Darmstädter HoffART-Theater die Komödie „Currywurst mit Pommes“
In der Darmstädter Altstadt liegt in einem idyllischen Hinterhof das HoffART-Theater, das verschiedenen Gruppen eine Bühne für ihre Aufführungen bietet. Wo früher einmal eine Reparaturwerkstatt für Autos ihr Geschäft betrieb, treten jetzt die verschiedensten freien Gruppen auf – von Theatermachern bis zu Rock-Bands – oder springen Kinder in Theatergruppen in dem kopftsteingepflasterten Hof herum. Derzeit spielt dort die freie Theatergruppe „ProfiSorium“ die Komödie „Currywurst mit Pommes“ von Frank Pinkus und Nick Walsh. Das „Profisorium“ besteht aus acht Darmstädter Frauen und Männern, die sich für das Theater begeistern und neben ihrem normalen Alltagsleben abends auf der Bühne stehen. Ulrich Sommer hat für diese Truppe die Regie übernommen.

An warmen Sommerabenden, wie sie uns dieser August bisher beschert hat, finden die Aufführungen im offenen Hof statt. Diese Variante eignet sich natürlich vor allem für dieses Stück, da es durchgängig im Freien spielt. Penelope, genannt „Penny“, betreibt an einer Autobahn-Raststätte seit dreißig Jahren einen mobilen Imbiss, in dem sie die Nationalspeise „Currywurst mit Pommes“ verkauft, dazu Bier mit Schnappverschluss. An dieser Imbissbude legen Reisende eine Pause ein, vertilgen Bauarbeiter ihr flüssiges Frühstück, halten sich Obdachlose den halben Tag am Tresen fest und treffen sich legitime und außereheliche Pärchen.

Die Besucher wechseln im Minutentakt, und Penny erlebt all die kleinen und größeren Katatstrophen von Urlaubsreisen und wackelnden Ehen. Da ist der Unternehmer, der mit wechselnden Sekretärinnen – sprich Geliebten – erscheint und überall die Detektive seiner Ehefrau wittert; da ist der alte Opa, den seine Familie während der Urlaubsreise ins Altersheim ausquartiert hat und der ob dieser Ausgrenzung wutentbrannt auf eigene Faust verreist. Da sind die beiden Schauspieler, die zu einer Aufnahmeprüfung fahren: der eine cool und alleswissend, der andere ängstlich und voller Zweifel. Als sie auf der Rückfahrt noch einmal an dieser Imbissbude Halt machen, ahnt man schon, wer die Prüfung geschafft hat.

Dann sind da noch drei aufgekratzte Frauen, die einen Selbsterfahrungsurlaub mit Trommeln und Malen in der Toskana gebucht haben und sich darauf freuen, endlich einmal das Leben ohne Männer zu genießen. Auf der Rückreise sieht man sie wieder, nun aber nicht mehr im Dreierpack sonder jeweils in trauter Zweisamkeit, wobei sie dem neuen Schwarm zuflöten, wie schrecklich langweilig doch die beiden anderen gewesen seien.

Das Stück spielt noch zu DM-Zeiten, was man an den Preisschildern der – auch außerhalb der Theatervorführung betriebenen – Imbissbude sieht. Die werden nach der Vorstellung einfach wieder auf Euro umgedreht. Wer es an den DM-Preisen nicht erkannt hat, merkt es, wenn die sächsische Familie auf der Trabi-Fahrt nach Italien hier eine Pause einlegt. Es ist noch die echte „Ossi“-Begeisterung der neunziger Jahre für die neu gewonnene Freiheit, was nicht verhindert, dass sich die Diskussion um die Fahrtroute – der Trabi hatte nooch kein Navigationssystem –  zum handfesten Ehestreit ausweitet.
Als Parallele dazu erlebt man das Schauspielerpaar, das noch auf der Raststätte eine tödliche Ehestreitszene probt und dabei Penny in Angst und Schrecken versetzt. Dass dieser gespielte Streit nicht ganz so fiktiv war, erkennt man daran, dass die Frau den Mann an der Raststätte vergisst und erst nach drei Wochen wieder abholt.

So folgt eine Szene nach der anderen, und die meisten Personen treten mindestens zwei Mal auf, was den Reiz erhöht, da sich viele Dinge während der Zeit zwischen den beiden Auftritten dynamisch entwickelt haben. Dabei kommt es auch vor, dass sich an dieser Imbissbude plötzlich Menschen wiedertreffen, die sich nicht so gerne wiedergesehen hätten. Die gesellschaftlichen Ränge geraten dabei ein wenig durcheinander, und die sogenannte Oberschicht blamiert sich bei dem kurzen Zwischenstopp während einer Fahrt zu einem Konzert beim kulturellen Small-Talk.

Ulrich Sommer hat die Komödie recht flott arrangiert, und die Darsteller bringen dabei auch Darmstädter Lokalkolorit ein, obwohl die Imbissbude offensichtlich irgendwo in der Nähe von Dortmund steht. Macht aber nichts, das nennt man künstlerische Freiheit. Bisweilen könnten sich die Schauspieler besser stellen, so dass alle Zuschauer etwas verstehen, etwa beim ersten Treff der beiden Schauspieler. Auch mehr Ausdruck könnte der eine oder die andere in das Spiel legen, aber hier handelt es sich schließlich um Laientheater, wo der Spaß am Spiel im Vordergrund steht. Die markanteste schauspielerische Leistung bietet Hans Kreisle, der glaubwürdig verschiedene Typen spielt und dabei neben Gestik und Mimik auch die Stimme variabel einsetzen kann.

Das Publikum spendete herzlichen Beifall, und man kann der freien Theateszene in Darmstadt für die Zukunft alles Gute wünschenh.

Frank Raudszus

 

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