Waris Dirie: „Nomadentochter“

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Der Weg zurück in die Heimat

In ihrem ersten Roman „Wüstenblume“ schildert Waris Dirie ihr Leben als Kind in Afrika. Besonders eindringlich berichtet sie über die Genitalverstümmelung bei Mädchen. Als sie als Dreizehnjährige an einen alten Mann zwangsverheiratet werden soll, flieht sie aus Afrika.

In ihrem zweiten Roman „Nomadentochter“ schildert sie ihr Leben als alleinerziehende Mutter in New York mit ihrem Sohn Aleeke. Obwohl sie erfolgreich als Model arbeitet, in der glamourösen Modewelt verkehrt und in unzähligen Fernsehauftritten und Präsentationen über die weibliche Genitalverstümmelung referiert, ist sie in der westlichen Welt nicht glücklich. Ihr Herz schlägt nach wie vor für Afrika, und tief in ihrem Inneren fühlt sie sich immer noch als Nomadin. Ihre ganz große Sehnsucht gilt jedoch ihrer Mutter, die sie seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hat. So macht sie sich eines Tages auf nach Somalia, obwohl alle Reiseagenturen davon abraten, in dieses von Stammesfehden zerrüttete Land zu reisen. Eine abenteuerliche Fahrt beginnt. Wie soll sie mitten im Busch ihre Mutter finden?

Tatsächlich gelingt die Suche nach ihrer Mutter, und Waris Dirie erlebt eine Glückseligkeit, wie sie sie nur aus Kindertagen kennt. Sie schläft wieder auf dem Boden in einer sehr einfachen Hütte und ruht dort so gut, wie sie es in New York in guten Hotelbetten niemals erlebt hat. Was sie als Kind geprägt hat, ist tief in ihr verankert. Selbst als ein Skorpion nachts über ihre Beine kriecht, empfindet sie keine Panik. Alle Ängste lösen sich in dieser Nacht in der Wüste in ihr auf. Ihr Gottvertrauen, das ihre Mutter ihr intensiv vorgelebt hat, ist so groß, dass sie an gestern und morgen keine Gedanken verschwenden muss und sich den Tagen ohne große Pläne hingeben kann.

Allerdings erfährt sie auch immer wieder, wie Frauen in Somalia ausgegrenzt werden, während ihre Männer sich ihnen gegenüber alles herausnehmen können. Eine Hochschwangere zum Beispiel schleppt schwere Wasserkanister, während ihr Ehemann gelassen am Zaun lehnt. Als Waris Dirie in einem Lokal etwas zu essen bestellen will, wird sie als Frau demonstrativ ignoriert und nicht bedient. In diesen Situationen fragt sie sich, wie es in Somalia vorangehen soll, wenn die Geschlechterrollen immer noch nach den den alten Stammesregeln festgelegt werden.

Waris Dirie hat ein berührendes Buch über Somalia geschrieben und zeigt, dass die Kultur sich dort verändern muss, wenn das Land vorankommen will. Vor allem muss etwas für die Gleichberechtigung der Frauen getan werden.

Das Buch „Nomadentochter“ ist im Knaur-Verlag unter der ISBN 978-3-426-78593-5 erschienen und kostet 9,99 €.

Barbara Raudszus

 

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