In der „Mozartnacht“ des Rheingau Musik Vestivals in Kloster Eberbach erklingen Stück von und um Mozart herum

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Nun auch mit „Kleiner Nachtmusik“  

In der „Mozartnacht“ des Rheingau Musik Festivals in Kloster Eberbach erklingen Stück von und um Mozart herum
An dieser Stelle hatten wir Anfang Juli im Scherz bemängelt, dass in dem Programm „Mozarts große Nachtmusiken“ das berühmteste und meistgespielte Werk des Namensgebers fehlte. Als hätten die Veranstalter diesen Hinweis gelesen und ernst genommen, erklang jetzt genau dies Werk in der Mozartnacht Anfang August – wie es sich gehört zum krönenden Abschluss.

Standesgemäß hatten die Veranstalter zu diesem Abend im Kreuzgang des Klosters Eberbach die „London Mozart Players“ eingeladen, ein Ensemble, das sich weltweit einen Namen mit den Einspielungen von Mozarts Werken erworben hat. Im Gegensatz zum 4. Juli, als ein äußerst kühler Abendwind durch den Innenhof des Klosters strich und Ausgangspunkt für so manche schwere Erkältung war, tat der Wettergott an diesem Abend fast des Guten etwas zu viel, da das Thermometer schon bei der Anreise gegen 18 Uhr 38 Grad anzeigte und die Temperatur anschließend im – glücklicherweise schattigen – Innenhof nur langsam sank. Jeder Lufthauch wurde dankbar begrüßt, und Festival-Chef Michael Hermann sah sich zu der Bemerkung gezwungen, vor einem Monat habe man die Verlegung des Freiluftkonzerts wegen Kälte und Regen, jetzt wegen der Hitze erwogen. Es war nicht nötig.

Schlussapplaus nach dem ersten TeilDas Konzert war ein wenig wie ein Promenadenkonzert organisiert. Im ersten Teil spielten die „London Mozart Players“ im Innenhof zwei Mozart-Werke, dann teilte sich das Publikum und hatte die Qual der Wahl zwischen drei gleichermaßen attraktiven Veranstaltungen: In der Basilika spielte das „arirang“-Bläserquintett verschiedene Kompositionen in Bläser-Arrangements, im Laiendormitorium interpretierte Nami Ejiri verschiedene Stücke für das Solo-Klavier, und im Hospitalkeller ließ das TenHagen-Streichquartett drei Werke für diese Instrumentengruppe erklingen. Zum Abschluss spielten dann wieder die „London Mozart Players“ im Innenhof auf.

Der erste Teil bezog seinen Reiz aus der Gegenüberstellung je eines Werks von Leopold und Wolfgang Amadeus Mozart. Die Sinfonia in G[-Dur] von Mozart Vater, auch die „Neue Lambacher“ genannt, entstand wahrscheinlich irgendwann Mitte der 1760er Jahre und spiegelt noch weitgehend die Welt der höfischen Musik wider. Gleichmäßige Metrik in allen drei Sätzen, die weit entfernt noch an den schreitenden Gestus barocker Huldigungsmusik und den Marschrhythmus der Militärmusik erinnert, und einfache Motive prägen diese Komposition. Die Dynamik ist schlicht und kennt kaum Ritardandi, Tempowechsel oder gar Pausen. Das Ganze hört sich einfach nett an, und man kann sich vorstellen, dass solche Musik bei den höfischen Veranstaltungen im Hintergrund lief.

Wie anders dagegen die zehn Jahre später entstandene Sinfonia Concertante für Violine, Viola und Orchester Es-Dur, KV 364 von Mozart Sohn. Zwar machen sich hier auch die zehn Jahre Unterschied in einer kulturell ausgesprochen dynamischen Epoche bemerkbar, aber hauptsächlich ist es doch der Unterschied zwischen dem ordentlichen Gebrauchsmusiker und dem musikalischen Genie, der hier zu Buche schlägt. Die Sinfonia concertante atmet einen ganz anderen Geist: ausgesprochen melodiöse Motive, Tempowechsel und Intonationswechsel, die Mozart durch die wesentlich differenziertere Behandlung des Orchesterkörpers erreicht. Der vorher vorherrschende „tutti“-Klang, der mehr oder weniger homophon oder zumindest parallel angelegt war, wird hier aufgebrochen durch die Verteilung der einzelnen Motive auf die verschiedenen Instrumentengruppen, die miteinander in eine motivische Wechselbeziehung treten und dadurch das musikalische Geschehen auflockern und mit Spannung aufladen. Die Solo-Instrumente spielten zwei Mitglieder der „London Mozart Players“: Judith Busbridge (Viola) und Terje Tønnesen (Violine). Im ersten Satz, in dem die Hörner noch einige Unsicherheiten zeigten, entwickelte sich der Spannungsbogen stetig über einen längeren Zeitraum und verlieh dem Satz dadurch eine markante Struktur. Im zweiten Satz zeigten die beiden Solisten viel Feingefühl bei der Ausgestaltung des solistischen Dialogs, der sich im dritten festigte und an Temperament gewann. Nach diesem gelungenen Einstieg in die „vergleichende Mozartwissenschaft“ verabschiedete das Publikum die Musiker mit kräftigem Applaus in die Pause.

Beim zweiten Teil entschied sich der Rezensent für die Basilika un das Bläserquartett, das mit Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott sehr ausgeglichen besetzt war. Die Künstler zeigten durchaus ansprechende Leistungen, wurden aber leider durch die Akustik in der Basilika ausbegremst. Für liturgische Gesänge mag eine solche steinerne Basilika sehr geeignet sein, da sie mit ihrem Hall die getragenen, meist unison aus Männerstimmen bestehenden Chöre verstärkt und wirkungsvoll überhöht, wenn nicht transzendiert. Ein polyphones Konzert aus verschiedenen Klangfarben muss allerdings unter diesem Hall leiden. Vor allem die lauteren Instrumente wie das Horn oder das Fagott erzeugen besonders in den Forte-Passagen ein Echo, das wegen der vielen rechtwinklig zueinander angeordneten Steinflächen mindesens eine Sekunde nachhallt und sich mit den folgenden Klängen vermischt. Das führt in den expressiveren Passagen geradezu zu einem Klangbrei, der kaum noch auseinanderzuhalten ist. Die Musiker konnten einem leidtun, da sie den klanglichen Defekt des Ortes mit Sicherheit spürten aber nichts daran ändern konnten.

So litten nacheinander die Ouvertüre zur „Zauberflöte“, die viersätzige Serenade c-Moll KV 388, die „Trois pièces brèves“ von Jacques Ibert und Terence Greaves´ Jazz-Version im Gershwin-Stil von Mozarts „Türkischem Marsch“  aus der Klaviersonate KV 331 unter den akustischen Mängeln der Basilika. Dennoch gelang es den Musikern, die Eigenarten jedes dieser Werke herauszuarbeiten. Das gilt vor allem für den „Türkischen Marsch“, der bei allem musikalsichem Virtuosentum durchaus auch humoristische, wenn nicht parodistische Züge aufweist. Hier hat sich offensichtlich jemand (Terence Greaves) einen Spaß gemacht.

Der dritte Teil fand dann wieder im Kreuzgang statt, bei mittlerweile deutlich abgekühlten Temperaturen. Die „London Mozart Players“ brachten zuerst Wolfgang Amadeus Mozarts Divertimento B-Dur, KV 137, das Mozart im jugendlichen Alter von 16 Jahren komponierte. Deutlich spürt man hier noch den Einfluss der Musik seiner Zeit und vor allem seines Vaters. Noch ist der ganz eigene, originelle Geist Mozarts nur in Ansätzen spürbar, und das Divertimento nicht mehr als hübsches Stück zeitgenössischer Gebrauchsmusik. Doch auch diese erklang aus den Instrumenten der „Mozart Players“ mit jugendlicher Frische und viel Temperament.
Auch hier dann wieder der Vergleich zum Werke des reifen Mozarts. Die „Kleine Nachtmusik“ entstand fünfzehn Jahre nach dem Divertimento im Jahr 1787 und atmet trotz ihrer musikalischen Allgegenwärtigkeit immer noch Frische und Originalität. Es gehört allerdings ein Orchester wie die „London Mozart Players“ dazu, dieses Stück frisch zu erhalten und ihm immer wieder neue oder zumindet neu wirkende Aspekte abzugewinnen. Zupackend und mit kräftigem Strich, dabei äußerst exakt und federnd leicht gingen die Musiker den ersten Satz an. Der zweite Satz wurde dank eines straffen Tempos nie zuckersüß, während der dritte Satz ein wenig Wiener Kaffeehaus-Atmosphäre verbreitete. Den Finalsatz interpretierten die englilschen Musiker dann noch einmal mit viel Verve und Musizierfreude, bis hin zu federleichten Abschlussakkord.

Das Publikum zeigte sich entzückt und spendete kräftigen Beifall, woraufhin das Ensemble noch den dritten Satz des Divertimentos als Zugabe spielten.

Frank Raudszus

 

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