Das Städel-Museum zeigt die Ausstellung „Dürer: Kunst – Künstler -Kontext“

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Nürnberger Unternehmer in Sachen Kunst

Das Städel-Museum zeigt die Ausstellung „Dürer: Kunst – Künstler -Kontext“

Wer in den fünfziger Jahren groß geworden ist, kennt noch die „graphische Dreifaltigkeit“ deutscher Wohnstuben: „Mutter“ – „Betende Hände“ und „Feldhase“. Diese drei Werke Albrecht Dürers haben damals weitgehend die Rezeption des Renaissancekünstlers – geboren 1471, gestorben 1528 – geprägt. Dabei dürften die Nationalsozialisten die deutsche Rezeption in der Nachkriegszeit –  kleinbürgerliche Beschaulichkeit – maßgeblich beeinflusst haben. Als typisch deutscher Künstler mit dem unverwechselbaren Markenzeichen des vom „A“ eingechlossenen „D“, der obendrein auch noch aus Nürnberg kam, eignete er sich hervorragend als politische Projektionsfläche, die noch bis in die sechziger Jahre ihre Wirkung entfaltete.

Albrecht Dürer: Heller-Altar Die Zeit hat diese eingeengte Rezeption Dürers glücklicherweise verschwinden lassen, und man wird heute die drei erwähnten Bilder kaum noch in Wohnzimmern vorfinden. Doch das kann natürlich auf der anderen Seite dazu führen, dass Dürer in der breiten Öffentlichkeit an Sichtbarkeit verliert. Vor zehn Jahren hat sich deshalb Dürers Heimatstadt Nürnberg seines Werks in einer großen Ausstellung angenommen, dabei jedoch den Bezug zu seiner Heimatstadt in den Vordergrund gestellt. Das Städel-Museum verfolgt mit der jetzigen Ausstellung dagegen einen weiter reichenden Ansatz. Die Ausstellung beleuchtet den künstlerischen Kontext von Dürers Werken nicht nur in Deutschland sondern in ganz Europa. Zu diesem Zweck hat man in der Ausstellung Dürers Werken eine Reihe von Bildern anderer Maler aus der Zeit Dürers aus Deutschland, Italien und den Niederlanden gegenübergestellt.

In dieser Ausstellung kommt auch ein anderer Aspekt von Dürers Leben und Wirken deutlich zum Ausdruck: der Deutsche sieht ja den Künstler mit Vorliebe als asketisches Genie ohne jegliche materielle Interessen. Dieses Wunschbild projiziert das schlechte Gewissen des Protestanten in eine Idealgestalt, die für alle das asketische Lebensmodell übernimmt. Der Geschäftsmann Goethe liegt vielen Philologen seit zwei Jahrhunderten auf dem Magen, und auch dem Schöpfer der „Betenden Hände“ oder von „Ritter, Tod und Teufel“ unterstellte man lange Zeit ein hehres Desinteresse am Materiellen. In Wirklichkeit war Dürer jedoch ein erfolgreicher Geschäftsmann, der durchaus mit seinen Kunden um den Preis feilschte, unrentable Produktionsweisen einstellte und Raubkopierer, die es auch damals schon gab, heftig bekämpfte. Die Ausstellung bringt dies deutlich zur Sprache, ohne daran jedoch darin einen moralischen Makel zu sehen.

Albrecht Dürer: Ein zentrales Werk Dürers und dieser Ausstellung ist der „Heller“-Altar. Der reiche Frankfurter Kaufmann Jakob Heller wollte sich bereits zu Lebzeiten ein Denkmal setzen und für das Jenseits spirituelle Vorsorge treffen. Zu diesem Zweck bestellte er bei Albrecht Dürer eine Altartafel für die Kirche des Frankfurter Dominikanerklosters. Dürer fertigte diesen Altar zusammen mit Mathis Gothart Nithart an, der eher unter dem Namen „Grübnewald“ bekannt ist, und führte eine längere Korrespondenz mit Heller über den wegen der hohen Qualität gestiegenen Preis. Dieses Werk war auch Anlass zu der Bemerkung Dürers, er werde eine solchen Auftrag nicht mehr annehmen, da man ihn nicht rentabel ausführen könne. Der Altar selber wurde später in Einzelteile zerlegt und einzeln veräußert. Das Original des Mittelteil wurde bei einem Brand in München zerstört, doch vorher hatte man klugerweise eine minutiöse Kopie anfertigen lassen, die in der Ausstellung zwischen den Original-Seitenflügeln hängt. Die Außenseiten des einklappbaren Altars sowie einige zusätzliche, unbewegliche Seitenflügel sind in einer Grisailletechnik bemalt. Die Ausstellung zeigt die Seitenflügel im selben Raum wie den Altar selbst.

Die Ausstellung geht detailliert auf Albrecht Dürers Lebenslauf ein. Der Sohn eines Goldschmieds absolvierte erst eine Goldschmiedelehre, bevor er auf eigenen Wunsch die Malerei erlernte, und seine Goldschmiedekenntnisse kamen ihm später bei vielen Arbeiten zugute. Die Ausstellung geht detailliert auf Dürers Gesellenjahre und -wanderungen ein, die ihn nach Basel und Straßburg führten. Später folgten zwei Italienreisen, die jedoch nicht in erster Linie aus künstlerischen Gründen erfolgten. Für aufstrebende Söhne des gehobenen Bürgertums waren damals Bildungsreisen nach Italien ein „Muss“, und der aufstiegshungrige junge Dürer nutzte diese Reisen als Trittbrett für den gesellschaftlichen Aufstieg.

Albrecht Dürer:
Schon in jungen Jahren suchte er auch den Kontakt zu den Mächtigen, so Ende der 90er Jahre zu „Friedrich III. dem Weisen“, dem Kurfürst von Sachsen. Später pflegte er den Kontakt zu Kaiser Maximilian I., der dann auch den Heller-Altar aufkaufte. Albrecht Dürer war nicht nur ein großer Künstler und Geschäftsmann, er wusste auch mit den Mächtigen umzugehen und sich ihre Zuneigung zu sichern. Obendrein wollte Dürer nicht nur als Maler gelten, sondern sich auch einen Ruf als Wissenschaftler erwerben. Die letzten Jahre seines Lebens beschäftigte er sich vor allem mit kunsttheoretischen Überlegungen. Seine Werkstatt hatte er bereits frühzeitig zu einem Unternehmen mit weitgehend selbständig arbeitenden Gesellen ausgebaut. So bekannte Künstler wie Hans Baldung Grien, dem auch schon eine Ausstellung im Städel-Museum gewidmet war, gehörten zu Dürers Werkstatt.

Die Ausstellung umfasst etwa 200 Werke Dürers und weitere 80 verschiedener Zeitgenossen wie Martin Schongauer, Hans Baldung Grien, Jacopo de´Barbari, Joos van Cleve und Lucas von Leyden, um nur einige zu nennen. Die Exponate kommen zum großen Teil aus eigenen Beständen, aber auch von großen internationalen Leihgebern wie der National Gallery London, dem Prado in Madrid oder den Uffizien in Florenz. Man kann so berühmte Gemälde wie „Der Heilige Hyronimus im Studierzimmer“ oder „Bildnis der Mutter des Künstlers“ bestaunen, aber auch das vielzitierte Bild „Trommler und Pfeifer“ und die Drucke der „Apokalypse“. Die „Melancholia“ darf natürlich ebensowenig fehlen wie „Maria als Schmerzensmutter“ oder das Portrait von „Elisabeth Tucher“.

Eine Besonderheit stellt „Die Ehrenpforte für Kaiser Maximilian I.“ dar, eine Collage aus 36 vergoldeten Papierdrucken, die eine ganze Wand einnimmt. Dürers Beschäftigung mit den verschiedenen Drucktechniken – Holzschnitt, Kupferstich, Radierungen – findet in diesem Zusammenhang eine ausführliche Würdigung.

Auf zwei Stockwerken hat das Städelmuseum eine ausladende Kunstlandschaft aufgebaut, die einen umfassenden Eindruck der Renaissance-Kunst in Deutschland, Italien und den Niederlanden vermittelt. Für eine ausführliche „Begehung“ dieser Landschaft kann man durchaus einen ganzen Tag veranschlagen. Wer diese Zeit hat, sollte sie sich auch nehmen.Es lohnt sich in jedem Fall.

Die Ausstellung „Dürer: Kunst – Künstler – Kontext“ ist vom 23. Oktober bis zum 2. Februar 2014 dienstags und freitags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, mittwochs und donnerstags von 10 bis 21 Uhr geöffnet.

Frank Raudszus

 

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