Vom Dachstein zum Kloster

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Eine herbstliche Woche im steiermärkischen Ennstal.

Wenn die Sommersonne sich dem herbstlichen Horizont zuneigt, steigt wieder die Lust am Bergwandern. Der Blick hoch zu den Gipfeln ersetzt dann den über die Kimm des Meeresein modernes Haus, und die steilen Berghänge lösen die steile Brandung am Atlantikstrand ab.

Bergwandern ist für uns Mitteleuropäer am schönsten in den Alpen, und Österreich ist eines der beliebtesten Ziele für die „herzerweiternde“ Sportart. Wir hatten uns für diesen Herbst das Ennstal entschieden, das südlich von Salzburg beginnt und sich nach Osten bis Admont erstreckt. Dazwischen liegen bekannte Skiorte wie Schladming, das jedoch für Wanderer genauso attraktiv ist wie für Wintersportler.

Auffahrt zum Dachstein

Auffahrt zum Dachstein

Wir hatten uns für eine Woche im Hotel „Hartweger Hof“ im Ortsteil Weißenbach von Haus im Ennstal einquartiert. Haus ist tatsächlich der Name eines kleinen Ortes einige Kilometer östlich von Schladming, und Weißenbach besticht vor allem durch seine ländliche Ruhe. Das Hotel ist ein modernes haus mit allem Komfort, das aber dennoch nicht auf typisch österreichischen Charme verzichtet. Viel Holz, ein ausgesprochen freundliches Personal und ein reichhaltiges Essen sorgen dafür, dass sich Bergwanderer bei jeder Wetterlage hier wohlfühlen. Außerdem weist es den Vorteil auf, dass es sozusagen auf der Strecke zum Dachstein liegt, einem ausgesprochen attraktiven Ziel für Bergsportler aller Art.

Der Dachstein-Gletscher

Der Dachstein-Gletscher

Genau dieser Berg lockte uns dann auch am ersten Tag, der uns mit strahlendem Sonnenschein begrüßte. Bereits um neun Uhr verließen wir das Hotel, da wir wegen des vermeintlichen Andrangs eine Gondel-reservierung für zehn Uhr erhalten hatten. Die Fahrt zur Gondelstation oberhalb von Ramsau ist selbst schon ein Urlaubserlebnis, selbst im Auto als Fahrer. Die Straße schlängelt sich in vielen – mal langen, mal kurzen – Kurven durch die sattgrüne Berglandschaft und eröffnet immer wieder überraschende Ausblicke auf das graue, steile Dachstein-Massiv. Bei Ramsau, einem malerisch gelegenen urlaubsort, zweigt die Mautstraße zur Gondelstation ab und windet sich anschließend in sieben scharfen, durchnummerierten Kehren bis auf 1700 Meter hinauf. Oben angekommen stellen wir fest, dass der Andrang an einem Wochentag Ende September doch nicht so groß ist und kommen auch ohne unsere Reservierung mit der nächsten Gondel mit, die uns in wenigen Minuten auf 2700 Meter bringt.

Oben öffnet sich ein weites Hochplateau, das den ganzen Sommer über als Trainigsquartier für Abfahrts- und vor allem Langläufer bietet. Die Abfahtspisten wind wegen Schneemangels geschlossen, aber auf den Loipen tummeln sich bereits morgens um zehn Uhr wahre Heerscharen professioneller Langläufer aus aller Herren Länder. Wanderern steht dagegen nur die Strecke zur Seetaler Hütte zur Verfügung, die über eine präparierte Piste durch den Schnee führt. Nordhänge halten ihren Schnee auf dieser Höhe eben das ganze Jahr durch.

Im Eispalast

Im Eispalast

Der die Höhe noch nicht gewohnte Flachländer spürt den Aufstieg zur Hütte schon und verfällt bald in einen langsamen aber stetigen Schritt, der ihn ebenfalls nach knapp einer halben Stunde zur Hütte bringt. Zwischendurch verfolgt man die Bergsteiger, die sich auf den nackten Felsen des Gipfel nach oben arbeiten oder genießt einfach das nördliche Alpenpanorama, das sich ganz in der ferne im Flachland verliert. Diesen Ausblick kann man dann von der Hütte aus bei einer heißen Schokolade noch einmal in aller Ruhe genießen.

Nach der Rückkehr zur Bergstation bietet sich noch ein Ausflug über die freitragende Brücke zum Eispalast an. Der kurze Weg über diese Brücke mutet ein wenig wie der Gang auf einer Hängebrücke an, obwohl sie natürlich nicht schwingt. Aber die freie Anordnung über einem gähnenden Abgrund übt denselben Reiz aus, und ein h seitlicabzweigender „Wurmfortsatz“ dieser Brücke, der sozusagen im „Nichts“ endet, erhöht den Kick noch.

Blick über das Ennstal

Blick über das Ennstal

Der Eispalast ist unter einer sechs Meter dicken Eisdecke in den Fels gehauen und enthält eine Reihe von gestalten aus dem österreichisch-steirischen Märchen- und Mythenarsenal. Die unterschiedlich angestrahlten Ungeheuer und Berggeister sind vor allem für Kinder eine Attraktion, aber auch Erwachsene langweilen sich nicht.

Wem angesichts der eingeschränkten Möglichkeiten auf dem Gletscher noch nach Wandern zumute ist, der kann sich unterhalb der Talstation der Dachsteinbahn die unterschiedlichsten Wanderrouten aussuchen. Sie liegen alle auf dem sonnigen Südhang des Massivs und bieten reichhaltige Ausblicke auf den Dachstein oder auf das Bergpanorama auf der anderen Seite des Ennstals. Eine knapp halbstündige Route auf erst breiten, dann schmalen Wegen führt zur Walcheralm, eine andere, etwa gleich lange zur Austriahütte. Beide Hütten bieten neben der obligatorischen Stärkung Terrassen mit traumhaften Ausblicken ins Ennstal und darüber hinaus. Zwischendurch kann man schottische Hochlandrindern beim Grasen zuschauen oder sich einfach an der warmen Frühherbstsonne erfreuen.

Von der Klamm zum Kloster

Am nächsten Tag zeigt sich der Himmel von seiner grauen Seite, und so entscheiden wir uns, das Benediktinerstift in Admont zu besuchen. Doch auf der Strecke dorthin stoßen wir auf den Hinweis zur „Wörschach-Klamm“, und da der Tag noch jung und das Wetter noch trocken ist, biegen wir spontan ab.

Blick in die Wörschach-Klamm

Blick in die Wörschach-Klamm

Die Wörschach-Klamm ist ein tiefer Einschnitt im Berg, durch den sich der Wörschachbach seit Jahrtausenden – oder gar Jahrmillionen – ins Tal stürzt. Bis Ende des 19. Jahrhunderts wurden hier die weiter oben geschlagenen Holzstämme über eine längs durch die Schlucht führende Brücke ins Tal verbracht. Viele Unfälle bei dieser gefährlichen Tätigkeit sowie das Ende des umweltschädigenden Holzschlagens haben diese Brücke einerseits mehrere male zerstört und dann überflüssig gemacht. Stattdessen führt heute eine Fußgängerstiege mal links mal rechts der schmalen Schlucht hinauf und bietet dem Besucher unvergessliche Eindrücke des wild durch Engstellen und ausgewaschene Wannen herabstrudelnden Wassers. Eine halbe Stunde lang führt dieser Weg nach oben, und an nassen Tagen muss man aufpassen, auf den Holzstiegen nicht auszugleichen, die zwar durch Geländer gegen Absturz gesichert sind aber Ausrutscher nicht verhindern können. Man sollte daher den Anblick der Schlucht nur bei festem Stand und nicht während des Aufstiegs zu genießen versuchen.

Wer den Aufstieg ohne Blessuren überstanden hat,l sollte noch den „Wörschach-Rundweg“ anhängen, den erstens ist der Abstieg durch die Schlucht zumindest eine Herausforderung, zweitens die Rundwanderung ein schöner Abschluss dieses Ausflugs.

Da das Wetter nach dem Ende des Rundwegs nicht unmittelbar zur nächsten Wanderung einlädt, entscheiden wir uns, doch noch das Stift zu besichtigen. Die Fahrt dorthin dauer noch eine Zeitlang – schließlich sind es von Weißenbach nahezu sechzig Kilometer -, aber selbst bei dieser grauen Wetterlage mit tief hängenden Wolken bereitet die Fahrt durch das satte Grün der Weiden und die gepflegten Ortschaften Freude.

Das Stift in Admont

Das Stift in Admont

Der Ort Admont lebt vor allem von dem weitläufigen Stift, das sich äußerlich in bestem Zustand präsentiert. Nicht umsonst haben die Benediktmönche das damalige Kloster in einem äußerst einsamen Winkel des Landes gegründet. Das Anwesen hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Im 11. Jahrhundert gegründet, erfuhr es über die Jahrhunderte eine Reihe einschneidender baulicher wie konzeptioneller Veränderungen, brannte im 19. Jahrhundert fast vollständig herunter und wurde dann – teilweise im neugotischen Stil – wieder aufgebaut.

Aushängeschild des Stifts ist noch heute die Bibliothek, die im 18. Jahrhundert im barocken Stil mit umfangreichen Deckenfresken, perspektivischen „trompe d´oeils“ und Statuen ausgeschmückt wurde und  heute 200.000 Bücher enthält. Der eigentliche Schatz dieser Bibliothek besteht jedoch in den über 1400 Handschriften und den 530  Inkunablen (Frühdrucke vor 1500). Jedes Jahr wird eine andere Auswahl von Handschriften in den abgedunkelten Ausstellungsräumen präsentiert, da die lichtempfindlichen Handschriften nicht zu lange „normalen“ Umweltbedingungen ausgesetzt werden dürfen.

 

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