André Kubiczek: „Skizze eines Sommers“

Print Friendly, PDF & Email

Kubiczeks Roman spielt im Potsdam der Achtziger Jahre, als die DDR in den letzten Zügen lag, aber sich dessen noch nicht bewusst war. Der sechzehnjährige René wird die Sommerferien allein zu Hause verbringen, da sein allein erziehender Vater zu einer sechswöchigen Tagung in die Schweiz fährt. Tausend Ostmark sind Renés Budget, über das er frei verfügen kann. Verhungern wird er zwar nicht, aber einsam fühlt er sich schon, besonders an seinem sechzehnten Geburtstag, an dem weder sein Vater anruft noch seine Freunde zum Gratulieren vorbeikommen. Aus lauter Frust bedient er sich an Vaters Cognac, gemixt mit Cola, und raucht dazu Zigaretten.

1610_sommerSo enttäuschend und voller Melancholie die Ferien für René beginnen, gibt es doch in der Folge immer mehr Lichtblicke. Er verliebt sich in ein Mädchen, dessen Namen er nicht kennt, die jedoch als die ältere Schwester seiner Bekannten Fritzi eingeführt wird, und sie erwidert seine Liebe. Doch er kann nicht am Ball bleiben, weil sich ein anderes Mädchen an ihn heranmacht. Sie hat wunderbare runde Brüste, die ihm beim Berühren wohlige Schauer über den Rücken jagen – und noch mehr bewirken. Und dann ist da noch die geheimnisvolle Rebecca.

Mit seinen Freunden Dirk, Michael und Mario zieht René um die Häuser. Es wird gezecht, geraucht, Erfahrungen mit Mädchen gesammelt und auch Literatur von Brecht, Benn und Baudelaire gelesen und diskutiert. Ein wenig fühlen sich die Jungs einer Bildungselite zugehörig. Das demonstrieren sie dann auch in der Disco ORION, ihrem Stammlokal, in der sie sich mit ihrem ausgefallenen Musikgeschmack und abgefahrene Klamotten bewusst gegenüber anderen Jugendlichen stilisieren.

Für René bedeuten die Wochen ohne den Vater eine große Portion Freiheit, die es ihm erlaubt, vieles auszuprobieren, Unsicherheiten zu überwinden und das weibliche Geschlecht kennenzulernen; vor allem jedoch, mit sich selbst ins Reine zu kommen und seine große Liebe doch noch festzuhalten.

André Kubiczek trifft perfekt das Lebensgefühl von Jugendlichen im Umbruch zum Erwachsenwerden. Er versteht es, unterhaltsam und feinsinnig die Psychologie der jugendllichen Protagonisten zu durchleuchten. Mit viel Humor, aber auch Ernsthaftigkeit beschreibt er die Initiation orientierungsloser Heranwachsender zu jungen Erwachsenen.

Das Buch ist im Rowohlt-Verlag erschienen, umfasst 376 Seiten und kostet 19,95 Euro.

Barbara Raudszus

No comments yet.

Schreibe einen Kommentar