Jan Schomburg:“Das Licht und die Geräusche“

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Dieser Roman gehört zu einer Gattung, bei der man sich fragt, ob sie sich speziell an Jugendliche wendet oder aber einem unspezifischen Publikum die Probleme des Erwachsenwerdens nahebringen will. Im letzteren Fall besteht stets das Problem, dass der erwachsene Leser diese Lebensphase längst überwunden hat und dem Buch außer einem gewissen Wiedererkennungseffekt nichts abgewinnen kann. Im ersteren Fall dagegen steht gerade die jüngere Zielgruppe den Problemen verständnislos gegenüber, da ihren Vertretern die nötige Distanz für ein oftmals ironisch gebrochenes Verständnis fehlt.
Die junge Ich-Erzählerin ist mit ihrem Klassenkameraden Boris befreundet, jedoch (noch) nicht erotisch, da beide Seiten offensichtlich nicht den richtigen Einstieg finden. Man gibt sich cool und unangreifbar, und Boris nimmt in der Klasse die Rolle des Alphatieres ein. Als seine portugiesische Freundin zu Besuch kommt, spürt die Ich-Erzählerin aber doch so etwas wie Eifersucht, und man zieht zu dritt um die Häuser. Nach einigen mehr oder minder alltäglichen Erlebnissen auf einer Klassenfahrt und einer abendlichen Kneipentour entwickeln sich die Dinge plötzlich dramatisch. Boris schreibt Abschiedsbriefe an beide Mädchen und verschwindet nach Island, um sich dort umzubringen. Die beiden Mädchen folgen zu seiner Rettung zusammen mit Boris‘ Eltern und landen dabei unvermutet miteinander im Bett. Boris taucht nach misslungenem Selbstmord wieder auf, und die Situation zwischen den beiden ist so unklar wie zuvor.
Der Autor hat den Roman zeitlich kompliziert verschlüsselt und greift oft vor, um dann nachher zurückzuspringen. Das kann man als Metapher für das sprunghafte, unsichere Verhalten von Heranwachsenden sehen, diese Deutungsweise drängt sich jedoch nicht auf. Eher zerhackt diese Technik den Erzählfluss ohne zwingende Notwendigkeit. Dazu kommen inhaltliche Ungereimtheiten wie die unvermittelt ausbrechende lesbische Beziehung der beiden Mädchen, die sich emotional in keiner Weise anbahnt und genauso plötzlich wieder abstirbt. Ähnliches gilt für den Selbstmordversuch des jungen Mannes. Zwar ist der Freitod seit je durchaus eine existenziell-romantische Metapher der Jugend, aber auch er bahnt sich in diesem Roman in keiner Weise vorher an. Genauso wenig erfährt man anschließend etwas über die psychischen oder gar konkreten Gründe.
Trotz dieser grundlegenden Schwäche trifft Schomburg über lange Strecken den Ton junger Menschen und baut auch den seelischen Hintergrund und die altersbedingten Probleme recht glaubwürdig auf. Dieses Buch dürfte vor allem für junge Leute, die die schwierige Phase des Erwachsenwerdens gerade überstanden haben, eine lehrreiche Lektüre sein.
Das Buch ist im Deutschen Taschenbuchverlag (dtv) erschienen, umfasst 255 Seiten und kostet 20 Euro.
Frank Raudszus

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