T.C. Boyle: „Sprich mit mir“

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Professor Schemerhorn forscht an Schimpansen. Er ist besessen von der Idee, die Grenzen des heutigen Wissens über das tierische Bewusstsein zu überschreiten und so auch das menschliche Bewusstsein zu erweitern. Sein Ziel ist es, mit seinem Schimpansen Sam zu sprechen, aber nicht nur über dessen Wünsche und Bedürfnisse, sondern auch darüber, was er denkt.

Sein Projekt erregt so viel Aufmerksamkeit, dass sogar das Fernsehen schon darüber berichtet hat. Zufällig sieht auch die junge Studentin Aimee die Sendung und interessiert sich sofort dafür. Sonst eher zurückhaltend und nicht sehr motiviert in ihrem Studium, bewirbt sich Aimee bei Professor Schemerhorn um einen Job in der Primatenforschung. Sie ist die perfekte Person für diese Stelle und wird von Anfang an von dem Schimpansen Sam geliebt. Auch in ihr lässt das Tier starke Emotionen anklingen, und bald liebt sie diesen Schimpansenjungen.

Die Experimente laufen gut. Sam kann immer mehr aus der Gebärdensprache ablesen und sich auch darin artikulieren. Aimee liebt ihren Sam und Professor Schemerhorn liebt Aimee und den Schimpansen.

Doch von heute auf morgen ist das Thema Primatenforschung bei den Medien „out“, weil niemand glaubt, dass sich die Primaten ernsthaft unterhalten oder gar denken können. Der Forschungsauftrag wird gestrichen, und der Schimpanse wird wieder abgeholt, da er nur eine Leihgabe für das Projekt war.

Für Aimee bricht eine Welt zusammen, als sie mit ansehen muss, wie Sam in einem kleinen Käfig gehalten wird und dort seelisch verkümmert. Sie muss den Sachimpansen befreien, was auch immer es kosten mag.

T. C. Boyle erzählt in einem packenden Roman einerseits viel über die Primatenforschung, andererseits aber auch über die Liebe zum Tier. Aimee gibt sich aus Liebe zu ihrem Kind, dem Schimpansen, selbst auf und vernachlässigt ihr eigenes Leben. Dadurch verliert sie aus den Augen, dass Sam trotz ihrer Erziehung immer ein wildes Lebewesen bleiben wird.

Deutlich spricht Boyle aber auch die Grausamkeit der Tierforschung an, die das Tier als Objekt und nicht als Lebewesen behandelt. Wie immer lässtBoyle seine Leser nicht aus einen literarischen Klauen. Er treibt die Handlung zügig voran und baut kleine Höhepunkte ein, bis schließlich alles in einem dramatischen Showdown endet.

Der Roman ist im Hanser-Verlag erschienen, umfasst 349 Seiten und kostet 25 Euro.

Barbara Raudszus

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