Benedict Wells: „Becks letzter Sommer“

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Beck, 37 Jahre alt, hadert mit dem Leben und sich selbst. Er ist Lehrer an einem Münchner Gymnasium. Längst weiß er, wie Schüler ticken, und gibt sich keinen Illusionen mehr hin. Die zwanzig Pfund Übergewicht, die er mit sich herumschleppt, wäre er gerne los, doch zum bewussten Abnehmen fehlt ihm die Energie.

Eigentlich wollte er Rockmusiker werden. Anfangs schien das sogar zu klappen, doch dann zerplatzte der Traum, und übrig blieb ein frustrierter Gymnasiallehrer für Deutsch und Musik.

Als Rauli Kautas aus Litauen an das Gymnasium kommt und von den Klassenkameraden gemobbt wird, setzt Beck sich für den Jungen ein. Früh erkennt er dessen musikalisches Talent, und langsam reift ein Plan in Beck. Raulis herausragende kompositorische Fähigkeiten könnte Beck einerseits fördern und andererseits als dessen Manager nutzen, um doch noch einmal in der Musikszene groß herauszukommen.

Aus dem lethargischen wird wieder ein engagierter Pädagoge, der alles für diesen Jungen aus Litauen gibt. Er organisiert eine „Release-Party“, und Rauli entlockt der E-Gitarre, die er virtuos spielt, eine Musik, die seine Zuhörer staunen lässt. Auch ein Musikproduzent erkennt das besondere Talent des Jungen. Wird Becks Traum sich erfüllen, gemeinsam mit Rauli die Musikszene aufzumischen?

Neben Rauli gibt es in Becks Leben noch einen einzigen alten Freund: Charlie, ein Deutschafrikaner, der als Schlagzeuger in Becks Band gespielt hat. Heute ist er Türsteher, ständig ohne Geld und quatscht Beck über schlimme Krankheiten zu und darüber, dass er bald sterben werde. Leider ist er wirklich suchtkrank, nimmt alle Arten von Drogen, die er kriegen kann, und lässt sich von der Sucht immer weiter runterziehen. Beck hilft ihm schließlich, in eine Entziehungsklinik zu gehen.

Und dann gibt es noch Lara, eine Zufallsbekanntschaft, die eigentlich gar nicht Becks Typ ist, aber dennoch bei ihm einzieht. Sie ist viel jünger als er und träumt von der Ausbildung an einer Modeschule in Rom.

Drei Personen, die in Becks Leben eine Rolle spielen, ihn immer wieder umherwirbeln, Chancen bieten und viel Engagement von ihm einfordern. Leider gehen Becks Pläne nicht auf. Es hätte alles so perfekt sein können, wenn nicht alle ihn umgebenden Personen Eigene Pläne, Ängste und Nöte hätten, die in ihr Leben eingreifen und sie neue Richtungen einschlagen lassen.

Schließlich und endlich kommt auch noch der Autor zu Wort, indem er mit seinem Protagonisten Beck immer wieder ins Gespräch kommt, weil ihn die Handlung seines Romans nicht zufrieden stellt. So wird der Roman immer vielschichtiger. Er betrachtet einerseits das Leben der handelnden Figuren, andererseits aber auch das Ringen des Autors um einen guten Plot und eine inhaltsreiche Aussage. Was bedeutet uns das Leben, an dessen Ende immer der Tod steht? Was macht unsere Existenz aus?

„Wir müssen uns dem Leben hingeben, uns ihm schutzlos ausliefern, um nicht verrückt zu werden.“ „Liebe und Lachen sind vielleicht die perfektesten Formen von Verdrängung.“

Benedict Wells erzählt und philosophiert in „Becks letzter Sommer“ über die Tragik des menschlichen Lebens, aber es bleibt ein Hoffnungsschimmer.

Das Buch ist im Diogenes-Verlag erschienen, umfasst 458 Seiten und kostet 13 Euro.

Barbara Raudszus

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