John le Carré: „Federball“

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Nat, Mitarbeiter des britischen Auslandsgeheimdienstes und Ich-Erzähler dieses Romans, verbringt einen Abend in seinem „Athleticus Club“ in Battersea. Nach mehreren Auslandseinsätzen gönnt er sich eine Auszeit zu Hause. Er ist 47 Jahre alt und hat das Gefühl, am Ende seiner Karriere angekommen zu sein. Er rechnet sogar mit seinem unfreiwilligen Abschied vom Geheimdienst.

Wirklich erfolgreich ist er immer noch im Badmintonspielen und hat gerade den Einzeltitel gegen einen jüngeren Herausforderer gewonnen. Während er noch mit seinem Gegner plaudert und seinen Sieg begießt, nähert sich ihm Ed, ein schlaksiger, groß gewachsener junger Mann. Ein wenig unbeholfen bittet er Nat um ein Badminton-Match. Dieser willigt ein, etwas überrascht ob dieser unerwarteten Kontaktaufnahme, und sie vereinbaren einen Termin.

In dem Match treffen zwei Kämpfer aufeinander. Keiner will sich geschlagen geben, doch Nat gewinnt die ersten Matches knapp. Da beide an den gemeinsamen Wettspielen Spaß haben, wird der Montag Abend zu einer festen Einrichtung. Nach dem Spiel plaudern die beiden angeregt jedes Mal über dies und das, wobei sich Ed furchtbar über den Brexit und Donald Trump aufregt. Nat ist oft ähnlicher Meinung, würde diese als gebildeter Engländer aber eher vorsichtig ausdrücken, während der junge Mann deutliche Worte findet.

Für Nat, der sich beruflich auf der Abschussliste wähnt, ergibt sich jedoch ein neues Jobangebot im Großraum London. Er soll Leiter der Nebenstelle OASE werden, die für geheimdienstliche Aktivitäten gegen Russland zuständig ist. Doch die OASE ist eine heruntergewirtschaftete Einheit, die sich seit den glorreichen Tagen des Kalten Krieges recht und schlecht selbst verwaltet und keine nennenswerte Ergebnisse liefert. Für Nat bedeutet das, den Laden auf Vordermann zu bringen – oder hat man ihn gar auf ein Abstellgleis geschoben?

Der Leser begleitet Nat bei seiner Spionagetätigkeit und erfährt, wie sich in dieser Branche jeder selbst der Nächste ist und vor allem vor den eigenen Kollegen auf der Hut sein muss. Mit offenen Karten wird hier nie gespielt. Der offene, freundliche Ed entpuppt sich am Ende auch als ein ganz anderer – oder vielleicht doch nicht?

Das schmutzige Geschäft geheimdienstlicher Tätigkeiten wird von John le Carré spannend beschrieben, wobei vieles (nur) als Gedankenspiel im Kopf stattfindet und diverse Möglichkeiten angedacht werden. Nach der Lektüre kann es schon sein, dass man dankbar für ein konventionelles Leben ist. Aber, mit einem Glas guten Weines auf der Couch sitzend, gibt man sich gerne Carrés Gedankenspielen hin.

Das Buch ist im Ullstein-Verlag erschienen, umfasst 349 Seiten und kostet 24 Euro.

Barbara Raudszus

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