Samuel ist der Zauberer

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In Thomas Manns Novelle „Mario und der Zauberer“ verwirrt der Zauberer Cipolla seine Zuschauer und manipuliert sie mit hypnotischen Künsten bis an die Grenze der Erträglichkeit. Ein wenig von dieser Verwirrungstaktik findet sich auch im Programm „Mindmagic“ des Künstlers Samuel Lenz, der am 16. und 17. Juli im Festzelt von Comoedia Mundi am Frankfurter Schaumannkai auftrat. Hintergrund ist die Festmeile am Mainufer, die allen Altersstufen und Interessen sommerliche Unterhaltung bietet.

Der Künstler Samuel Lenz

Im ausverkauften Zelt – glücklicherweise zur kühlen Abendstunde – beginnt Lenz mit leichtem Small Talk, um das Publikum locker zu stimmen und persönlichen Kontakt aufzunehmen. Dann folgen erste Wortspiele. Über eine Kette von Assoziationen führt er das Publikum zur Auswahl einer Obstsorte, die jeder für sich behalten soll, um dann beiläufig auf die Erdbeere zu tippen. Der erstaunte Zuschauer nickt und fühlt sich düpiert ob dieser unerwarteten „Entlarvung“, und erst einiges Nachdenken führt zur Statistik. Die meisten Blumennamen enden auf „e“, und beim Obst fällt dem durch die Fragefolge gestressten (deutschen) Zuschauer zuerst die Erdbeere ein. Doch die Überraschung war Lenz damit schon einmal gelungen. So geht es weiter, und dann noch mit spontanen Gästen aus dem Publikum auf der Bühne. Lenz bittet sie, sich Zahlen oder Worte auszudenken und sie sich zu denken, um diese scheinbar geheimen Daten dann durch genaue Beobachtung der Mimik herauszufinden. Hier findet man nicht so schnell den Lösungsweg, und so staunt man ob der Treffsicherheit dieses Solokünstlers.

Weiter geht es mit Lügentests, bei denen Lenz seine Gäste explizit zum Lügen auffordert, um dann scheinbar beiläufig die wirklichen Lügner herauszufinden. Er verrät sogar, wie sich Lügner verraten, und doch bleibt ein Restverdacht, dass er damit auch das Publikum auf den Arm nimmt. Am Schluss lässt er noch einzelne Gäste aus einem Buch zufällig Seitennummern und Worte auswählen, um diese dann mit verblüffender Treffsicherheit im scheinbar lockeren Augenkontakt herauszufinden. Da denkt man manchmal an die Bedeutung von Lenz´ Vornamen, und der Ruf „Samuel hilf!“ aus dem Freischütz drängt sich auf.

Lenz gestaltet seinen Auftritt ausgesprochen charmant, nie manipulativ wie bei Thomas Manns Cipolla, und unterhält damit sowohl das passive Publikum als auch die aktiven Teilnehmer auf der Bühne, die er nie bloßstellt, sondern sogar ausdrücklich lobt und ihnen seinen Dank ausspricht.

Neben den beschriebenen Programmpunkten sorgten auch noch andere, ebenso überraschende für Erstaunen und Heiterkeit, und alle Zuschauer verließen am Ende das Zelt aufgedreht und guter Stimmung.

Frank Raudszus

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