Haruki Murakami: „Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki“

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Ein surrealistischer Roman über Liebe und Freundschaft

 

Buchumschlag

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Tsukuru Tazaki, neunzehn Jahre alt und im zweiten Jahr an der Universität in Tokio, denkt an nichts anderes als an den Tod. Er balanciert  an der Schwelle zwischen Leben und Untergang. Dennoch schafft er es, am Leben zu bleiben. Sein Tagesablauf bleibt geregelt. Er fühlt sich jedoch eher wie ein Schlafwandler, der sein Leben unbewusst lebt und wie ein Blatt im Herbstwind dahintreibt.

Ein einschneidendes Erlebnis in seinem jungen Leben hat ihn in diesen Zustan versetzt. Seine vier besten Freunde, mit denen er jahrelang in inniger Freundschaft verbunden war, haben ihm von einem Tag auf den anderen die Freundschaft aufgekündigt. Ohne jede Erklärung teilten sie ihm mit, dass sie ihn niemals wiedersehen und auch nie mehr mit ihm sprechen wollen. Alle Versuche seinerseits, irgendeine Erklärung für dieses Verhalten zu erhalten, sind gescheitert. Er ist vor den Kopf gestoßen und mit der Kränkung und der Ausgrenzung völlig sich selbst überlassen. Das führt zu großem Herzschmerz.

Dennoch schafft er es nach langer Zeit, aus seiner Depression herauszufinden. Eine Freundschaft mit einem jungen Mitstudenten hilft ihm dabei. Doch schließlich ist es Sara, die ihn wieder die Liebe lehrt, aber auch eine Bedingung stellt: er muss seine Jugendfreunde von früher aufsuchen und in Erfahrung bringen, warum sie ihn damals so radikal aus ihrer Clique ausgestoßen haben. Tsukuru macht sich tatsächlich auf die Suche nach den ehemaligen Freunden, in der Hoffnung, Antworten zu finden und so seinen Seelenschmerz zu lindern.

Murakamis neuer Roman ist ein eher düsterer Stoff, der sich mit der inneren Welt des Menschen auseinandersetzt. Dieses Innerste in uns, das so häufig von der äußeren Welt verdrängt wird und dennoch in uns lauert, um jederzeit wieder in unser Leben einzugreifen und es zu beherrschen. Im Buch heißt es „Nicht alles verschwindet im Fluss der Zeit.“

Es ist auch ein Roman über das Erwachsenwerden. Hier steht die Einsamkeit des Menschen im Mittelpunkt. Der sehr spezielle Pfad, den jeder von uns alleine gehen muss, wird hier an den Pilgerjahren des farblosen Herrn Tazaki nachgezeichnet. Wir erleben einen bizarre Welt, die sich um den Protagonisten herum auftut und ihn in die größte Verzweiflung treibt. Ein äußerst spannender und mysteriös anmutender Romanstoff, in dem Handlung und Gedankenwelt häufig ineinander übergehen. Für den Leser ist es bisweilen schwer, beides auseinanderzuhalten.

Auch das Ende des Romans gibt Rätsel auf. Fällt der Protagonist nur in einen tiefen Schlaf oder verlöscht das letzte Licht des Bewusstseins endgültig?

Das Buch „Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki“ ist im Dumont-Verlag erschienen, umfasst 318 Seiten und kostet 22,99 €.

Barbara Raudszus

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