Hans-Ulrich Treichel: „Schöner denn je“

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Hans-Ulrich Treichel schildert in seinem neuen Roman die freundschaftliche, lebenslange Beziehung zwischen Andreas und Erik im Westberlin der achtziger Jahre. Während Andreas angepasst und graumäusig daherkommt, ist Erik eine auffallende Figur. Als Kinder sind beide noch gleichwertige Wettbewerber des Lebens, doch schon während der Schulzeit ist Erik bei den Mädchen der Beliebtere. Er ist der bessere Schüler und auch im Sport besser als Andreas. Diesen Vorsprung vergrößert er im späteren Beruf noch. Andreas möchte gerne mithalten, doch immer wieder hängt Erik ihn ab.

Treichel erzählt die Beziehung der beiden aus der Sicht von Andreas. Der beobachtet genau, wie sein Freund – oder besser: Idol – entwickelt. Nach gemeinsamen Gesprächen analysiert er jeden Satz und jede Geste. Dabei erhöht er Erik stets zum Star und sieht sich selbst als dessen Fan. Da Erik jedoch eher maulfaul ist, kommt es zwischen den beiden kaum zu echten Gesprächen, und Andreas gelingt es nie, seine Position zu verbessern.

In Berlin absolviert Erik eine Ausbildung als Tischler, während Andreas studiert. Sie verlieren sich für einige Jahre aus den Augen, und als sie wieder aufeinander treffen, ist aus dem Tischler ein hochdekorierter Filmarchitekt mit einer Achtzimmer-Eigentumswohnung geworden. Andreas dagegen müht sich als Didaktiker für Französisch in der Lehrerfortbildung ab, ist geschieden und deshalb derzeit wohnungslos – kein großer Lebensentwurf, sondern ein eher durchschnittliches Akademikerdasein. Doch jetzt nimmt das Geschehen, das bis hierhin eher gemächlich dahin plätscherte, eine Wendung. Erik bietet dem wohnungssuchenden Andreas seine große Wohnung als Übergangslösung an, da er selbst beruflich für längere Zeit ins Ausland muss.

In der großartigen Wohnung erhält Andreas überraschenderweise einen Telefonanruf seiner Lieblingsschauspielerin Hélène, die offenbar mit Erik bekannt ist. Dieser Anruf weckt Sehnsüchte und Hoffnungen in Andreas, und tatsächlich kommt es sogar zu mehreren Treffen der beiden. Ob sich Andreas´ Wünsche erfüllen, soll an dieser Stelle nicht verraten werden.

Treichel schildert in diesem Buch sehr unaufgeregt und mit viel hintergründigem Humor das mühselige Strampeln eines geborenen Verlierers. Das ist trotz allem amüsant zu lesen und verrät dabei viel über Beziehungen auf der Sonnen- und Schattenseite des Lebens.

Das Buch ist im Suhrkamp-Verlag erschienen, umfasst 175 Seiten und kostet 22 Euro.

Barbara Raudszus

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