„American Heiner“- Ein Amerikaner in Darmstadt

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Im Jahr 1801 kamen in US-Amerikanischen Ohio die Knochen eines ausgestorbenen Mastodons zum Vorschein. Da in der Zeit vor Darwin niemand an vergängliche Tiergattungen glaubte – laut Bibel existierten alle Gattungen schon seit Erschaffung der Welt vor etwa 6000 Jahren -, erkannte niemand die Knochen als die sterblichen Überreste längst ausgestorbener Tiere, und nur der passionierter Sammler und Maler Charles Wilson Peale interessiert sich für die Funde. Er grub an der Fundstelle noch weitere Knochen der fossilen Mastodone aus und stellte sie in seinem eigenen Museum aus.

Ausstellungslogo

Im Laufe der Jahrzehnte wechselten die mittlerweile wieder zu einem vollständigen Skelett zusammengestellten Knochen mehrfach Standort und Museum, und als Mitte des 19. Jahrhunderts beide Museen des Sammlers Barnum abbrannten, schien das Skelett ein für alle Mal verloren zu sein. Die Katastrophe hielt sich jedoch in Grenzen, da man in den USA mittlerweile eine ganze Reihe von Mastodonknochen wieder zu ganzen Skeletten zusammengesetzt hatte.

So war man verwundert, als sich Peales Mastodon-Skelett in Paris wiederfand, wohin es wohl ein begeisterter Sammler von Kuriositäten nach dem Ankauf aus dem Museum gebracht hatte. Dank mangelnden Interesses – Darwins Evolutionslehre hatte sich immer noch nicht durchgesetzt – wanderte es weiter in eine Londoner Museum und landete schließlich als „Schnäppchen“ beim Landgrafen in Darmstadt, wo es bis vor wenigen Jahren mehr oder minder großes Interesse im Hessischen Landesmuseum weckte.

Doch vor einigen Jahren kontaktierte ein US-Museum das Landesmuseum mit der Bitte um eine Verleihung des Skeletts für eine Ausstellung über Alexander von Humbolds Beziehungen zu den USA. Gedankenschnell sagte man zu – allerdings unter der Bedingung, dass man dafür auch Leihgaben für eine noch zu definierende Ausstellung aus den USA erhalte.

Das Comic-Heft zur Ausstellung

Gesagt, getan – und das Skelett reiste sicher verpackt in die USA. Doch Corona verzögerte nicht nur die Ausstellung in den USA, die zwei Mal wegen der Pandemie geschlossen werden musste, sondern auch die Planungen für die hiesige Ausstellung. Jetzt endlich ist es soweit: unter dem Titel „American Heiner“ wird die oben kurz skizzierte Entwicklung in allen Details nachvollzogen. Rund um das Mastodon-Skelett künden Installationen, Gemälde, Dokumente und Video-Clips von der Geschichte der fossilen Funde in den USA und speziell von diesem einen, der in Darmstadt landete. Die Kuratoren Dr. Martin Fass und Dr. Oliver Sandrock haben die Ausstellung für ein breites Publikum vom neugierigen Kind bis zum ausgebildeten Paläontologen ausgerichtet. Ein farbiges Comic-Heft beschreibt die Geschichte der Ausgrabungen und Funde in den USA bis hin zur Reise nach Darmstadt auf unterhaltsame Weise, Mitglieder das Kindertheaters des Staatstheaters tragen unterschiedliche Szenen der Geschichte in historischen Kostümen in Video-Clips vor, und die aufwändige Technik der damaligen Ausgrabungen wird nicht nur in einschlägigen Gemälden, sondern in einer (fast) originalgroßen Rekonstruktion erlebbar gemacht. Eine Reihe von schriftlichen und graphischen Dokumenten aus dem 18. und 19. Jahrhundert zeigen, wie man damals mit diesen Funden umging.

Diese Ausstellung bietet allen Altersgruppen etwas, und es macht Spaß, sich durch die verschiedenen Ausstellungsstücke nicht nur belehren sondern auch und vor allem unterhalten zu lassen. Die Ausstellung ist noch bis zum 19. Juni 2022 geöffnet. Näheres erfährt man über die Webseite des HLMD.

Frank Raudszus

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