Volker Kutscher: „Transatlantik“

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Die Fernsehserie „Babylon Berlin“ mit dem Kommissar Gereon Rath war so erfolgreich, dass Autor Volker Kutscher das epische Rad weiterdrehte. Nachdem Rath in der letzten Folge, die bereits nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten spielt, erst den scheinbar unfallbedingten Tod eines SS-Offiziers bearbeitet hatte und dabei mit einem ehemaligen Gegner der Weimarer Republik und jetzigem Unterweltkönig aneinandergeraten war, entwickelte sich das Geschehen bis hin zu Attentatsversuche auf Göring und eine Hatz der SS auf ihn selbst, Rath. Bereits zum „Abschuss freigegeben“, rettete er sich dank der Hilfe eines alten Freundes aus einer scheinbar ausweglosen Situation buchstäblich durch Untertauchen – im Landwehrkanal.

In der neuen, im Jahr 1937 spielenden Romanfolge gilt er offiziell als tot, obwohl seine Leiche immer noch nicht aufgetaucht ist. Seine Frau Charlie weiß von seinem Überleben, muss das aber geheim halten, da die für den Mord(versuch) verantwortliche SS wegen der fehlenden Leiche misstrauisch ist. Rath selbst schlägt sich in Wiesbaden unter dem Pseudonym eines Fahrers für einen Weinhändler durchs tägliche Leben, sieht sich aber permanent der Gefahr einer Entdeckung ausgesetzt. Dort entdeckt ihn die russische Gräfin Sorokina, der er einst ihr Vermögen vor dem Unterweltboss Marlow gerettet hatte, und bittet ihn wegen einer Erpressung um seine Hilfe. Als sich der Erpresser als ihr Lebensgefährte herausstellt, der als SS-Mitglied ebenfalls Rath ausgespäht hatte, zieht die Sorokina tödliche Konsequenzen. Das hat jedoch zur Folge, dass sich beide in tödlicher Gefahr befinden. Mit dem Pass des dahingeschiedenen Lebensgefährten und der Gräfin an seiner Seite setzt sich Rath auf dem Luftschiff „Hindenburg“ in die USA ab. Dort kommt er offiziell bei der Landungskatastrophe der „Hindenburg“ ums Leben, kann sich tatsächlich jedoch zu seinem Bruder retten.

Parallel dazu stellt Charlie fest, dass ihre Wohnungsgefährtin verschwunden ist. Als daraufhin deren derzeitiger Freund, der SS-Offizier von Rekowski, von Abgasen vergiftet tot in seinem Auto aufgefunden wird, gerät die verschwundene Freundin unter Verdacht, und Kommissar Lange, Nachfolger des vermeintlich toten Rath, befragt Charlie nach ihrer Mitbewohnerin und Freundin. So lernen sich die beiden kennen, und Lange verliebt sich sogar ein wenig in die um ihren verschwunden Mann trauernde Charlie.

Der Fall um von Rekowski wird immer dubioser, es treten neue Verdächtige auf, und Charlie beginnt auf eigene Faust zu ermitteln, zumal die Kriminalpolizei sich scheut, im SS-Umfeld zu ermitteln. Dabei lernt sie in einem nahen Jazz-Lokal einen Musiker kennen, der ihr weitere überraschende Informationen mitteilt. Langsam beginn sich ein Bild abzuzeichnen. Auf der anderen Seite muss sie auf der Hut sein, weil der leitende SS-Offizier nicht an Raths Tod glaubt und Spitzel auf Charlie angesetzt hat, die mittlerweile erfahren hat, dass ihr Mann doch noch lebt.

Dieser sieht sich jedoch in den USA selbst Gefahren ausgesetzt, da sein alter Gegenspieler Marlow sich ebenfalls dorthin abgesetzt hat, aber über Berliner Kontakte immer noch Informationen erhalten hat, die auf eine Anwesenheit Raths in den USA schließen lassen. Und so sinnt Marlow auf Rache….

Neben diesem Handlungssträngen verfolgt Kutscher auch das weitere Schicksal des Pflegesohns von Gereon und Charlie, den das – sicherlich gesteuerte – Jugendamt nach Gereons vermeintlichem Tod ausgerechnet an die Familie eines fanatischen SA-Mannes übergeben hat. Auch Fritze erwarten weitere Schwierigkeiten und Gefahren.

Wir wollen hier den weiteren Gang der spannenden Ereignisse nicht verraten, um das Interesse an diesem Hörbuch zu erhalten. Wie diese Geschichte ausgeht, sollten sich Interessierte selbst anhören. Auf jeden Fall lässt sich sagen, dass diese Folge wieder mit einer überraschenden Pointe endet, die sich geradezu anbietet für eine weitere Folge. Natürlich wartet der Rezensent schon jetzt auf diese Fortsetzung.

Volker Kutscher schildert nicht nur die kriminalistische Seite spannend und realistisch, sondern vor allem den politischen und gesellschaftlichen Kontext des nationalsozialistischen Deutschlands in der Zeit nach den olympischen Spielen von 1936. Fanatismus, Opportunismus und Mitläufertum, aber auch mehr oder minder deutlich zu Tage tretender Widerstand und Verachtung des Systems spiegeln sich in den Handlungen und Gesprächen der Protagonisten. Und neben „Crime“ kommt auch „Sex“ nicht ganz zu kurz, wenn auch im dezenten Gewand. David Nathan liest den Roman in nun schon altbekannter Weise mit vielfältigem sprachlichen und stimmlichen Ausdruck, der die jeweils sprechende Person lebendig werden lässt.

Das Hörbuch ist bei Hörbuch Hamburg erschienen, umfasst 3 mp3-CDs mit einer Gesamtlaufzeit von 1003 Minuten und kostet 26 Euro.

Frank Raudszus

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