Behzad Karim Khani: „Hund, Wolf, Schakal“

Print Friendly, PDF & Email

Saam wächst mit seinem Bruder Nima in Teheran während des Krieges gegen den Irak auf, den die Kinder als latente Bedrohung wahrnehmen. Sirenen heulen auf, und die Bewohner Teherans verkriechen sich vor den Angriffen. Dieses Gefühl der Bedrohung ist für Saam wie ein Monster. Das zweite Monster ist das Evin-Gefängnis, in dem seine noch junge Mutter gefoltert, umgebracht und verscharrt wurde. Da aber auch Saams Vater Jamshid im Widerstand tätig ist, wird er wahrscheinlich bald ein ähnliches Schicksal erleiden. Saam spürt die Gefahr körperlich, kann nicht mehr schlafen , flüchtet sich in Phantasiewelten und geht nachts spazieren, um den Albträumen zu entfliehen.

Als die Situation für Jamshid immer bedrohlicher wird, beschließt er, mit seinen beiden Söhnen aus dem Iran zu fliehen. Die mutterlose Familie kommt schließlich in Berlin-Neukölln an, und der Vater findet eine Anstellung als Taxifahrer. Die beiden Jungs sind sich selbst und den Gesetzen des Kiezes überlassen. Während Jamshid für den finanziellen Unterhalt der Familie sorgt, aber keine Zeit für die erzieherische Begleitung seiner Kinder hat, gerät der elfjährige Saam immer mehr auf die schiefe Bahn. Aus dem anfangs spielerisch experimentierfreudigen Macho-Gehabe im Kreise seiner Kumpels wird schließlich bitterer Ernst, als er mit seinem Freund eine Apotheke überfällt…

Wir Leser begleiten über 600 Seiten besonders Saam, fühlen und leiden mit ihm, gewinnen Sympathien für ihn mit all seinen Nöten und wünschen von ganzem Herzen, dass das Schicksal doch noch eine Chance für Saam bereithält. Der Roman ist sprachgewaltig, indem er Rap und „Gangsta“-Jargon mit einer prägnanten, beschleunigten Sprache vermischt, die den Plot atemlos vorantreibt. Doch gibt es auch ruhige, fast poetische Passagen, die Tiefe vermitteln und Zeit zum Nachdenken verschaffen. Zeit zum Nachdenken auch über die Integration, die theoretisch oft so empathisch gut gemeint daherkommt, sich aber viel mehr den Realitäten stellen müsste. Ein lesenswerter, nachdenklich stimmender Stoff.

Das Buch ist im Hanser-Verlag erschienen, umfasst629 Seiten und kostet 24 Euro.

Barbara Raudszus

No comments yet.

Schreibe einen Kommentar