Julia Schoch: „Das Liebespaar des Jahrhunderts“

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„Ich liebe Dich“, „Ich verlasse Dich“: erstaunlich, dass beide Sätze nur aus drei Worten bestehen, obwohl sie etwas sehr Existenzielles ausdrücken. Den Beginn jeder Liebe läutet der Satz „Ich liebe Dich“ ein; das Ende „Ich verlasse Dich“ ist schnell gesagt und grausam in seiner Endgültigkeit.

Julia Schoch beginnt ihre „Biographie einer Frau“ mit dem Gedanken, den Partner zu verlassen. Doch bevor sie den Satz äußert, begibt sie sich auf eine Erinnerungsreise durch ihr Leben und die etwa dreißig Jahre, die sie gemeinsam mit ihrem Mann verbracht hat. Den endgültigen Satz zu äußern wagt sie nicht so ohne weiteres, denn was kommt danach? Ist der Satz erst einmal dem Partner entgegen geschleudert, lässt er sich nicht mehr zurückholen. Dann ist die endgültige Trennung da. In den dreißig Jahren ihres Zusammenlebens hat sie den Satz oft für sich gedacht, aber immer wieder gezögert ihn auszusprechen. Nun, nach dreißig Jahren, ist wohl der Punkt gekommen, das Endgültige zu vollziehen.

Wir Leser begeben uns mit Julia Schochs Lebenserinnerungen auf eine gemeinsame Reise. Wie fing alles an? Ein Telefonat, ein Päckchen Vanilletee, die erste Zweisamkeit auf dem Teppich, das morgendliche Aufwachen beieinander. So spontan fing alles an. Für Julia war er der erste Mann, der nicht gleich wieder verschwinden wollte, wie viele andere vor ihm. Er war gekommen, um zu bleiben. Seine Seelenruhe hat sich auf sie übertragen, dennoch war sie anfangs noch sehr aufgeregt. Nach einer spontanen Reise fragt sie ihn, was das sei zwischen ihnen. Daraufhin schlägt er vor, einen Dreijahres-Pakt zu schließen, nach dessen Ablauf man weitersehen werde.

Aus diesen drei Jahren werden dann dreißig Jahre mit den vielen Höhen und Tiefen einer langen Beziehung. Wie oft fühlt die Ich-Erzählerin sich nicht wahrgenommen, missverstanden, nicht wertgeschätzt, während ihr Mann sein Leben neben ihr lebt. Beide meistern aber auch vieles gemeinsam. Sie ziehen zwei Kinder groß und sind erfolgreich im Beruf. Dennoch fragt sich die Autorin, was denn eigentlich das Gemeinsame ist. Reicht es, das Leben zu bewältigen? Immer wieder ist sie auf der Suche nach dem Gleichklang beider Seelen. Doch gibt es den überhaupt zwischen Mann und Frau?

Als Leserin fühlt man sich von Schochs Worten und Gedanken tief berührt, und oft hat man das Gefühl, das eigene Leben werde hier beschrieben. Gedanken, die man auch in der eigenen Partnerschaft hatte, werden von Julia Schoch akribisch ausformuliert: „Die Liebe und deren Verwandlung, die Erstarrung und der Jubel, unsere Einsamkeit und unsere Zugewandtheit“. Also alles, was ein erfülltes Leben ausmacht, hat die Autorin in ihrem Buch zusammengetragen.

Wie die Trennung und ob sie überhaupt vollzogen wird, wollen wir hier nicht verraten. Um dies zu erfahren, sollte man das Buch schon selber lesen. Es lohnt sich.

Das Buch ist im Deutschen Taschenbuchverlag (dtv) erschienen, umfasst 191 Seiten und kostet 22 Euro.

Barbara Raudszus

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