Geraldine Brooks: „Das Gemälde“

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Der erste Teil des Romans spielt im Jahr 2019. Theo, ein junger Doktorand in Georgetown, Washington DC, findet im Sperrmüll seiner Nachbarin ein altes Gemälde, auf dem ein prächtiges Pferd mit seinem schwarzen Pferdeknecht abgebildet ist. Geraldine Brooks nimmt genau dieses Pferdeportrait als Ideengeber für ihren Roman.

Theos Interesse an dem Gemälde ist geweckt. Welches Pferd wird dargestellt? Aus welcher Zeit stammt das Bild? Wer war der Maler? Vielleicht könnte er darüber einen interessanten Artikel für das „Smithsonian Magazin“ schreiben. Dort erhält er nämlich immer ein gutes Honorar und damit ein Zubrot zu seiner Bezahlung als wissenschaftliche Hilfskraft.

Schon bald trifft Theo bei seinen Recherchen auf Jess, eine junge Australierin, die am Smithsonian Museum in Maryland arbeitet und an Tierskeletten Forschungen betreibt, die dort in einer umfangreichen Sammlung aufbewahrt werden.

Der nächste Teil des Romans führt die Leser zurück in die Zeit um 1850, und zwar nach Kentucky. Hier begegnet die Leserin dem Pferdemaler J. Scott, der hofft, in der Region der Pferderennen eine Anstellung als Maler zu finden. Scott lernt bald den Pferdeknecht Jarret kennen, einen jungen schwarzen Sklaven, der begnadet mit Pferden umzugehen weiß. Gerade ist ein Hengstfohlen mit vier weißen Fesseln geboren worden. Jarret kümmert sich liebevoll um das Fohlen und trägt dazu bei, dass das Pferd später das berühmteste Rennpferd seiner Zeit werden wird.

Der Roman setzt sich kritisch mit der Zeit der Sklaverei in den USA auseinander. Anhand von Einzelschicksalen wie das von Jarret und seinem Vater wird deutlich, dass Schwarze als Arbeitskräfte ausgebeutet und sehr schlecht behandelt wurden. Sie durften kein Bargeld besitzen, nicht Lesen und Schreiben lernen und keine Beziehung eingehen. Sie waren vollständig der Willkür ihrer weißen Besitzer ausgeliefert. Und der Bogen zum Jahr 2019 spannt sich weiter. Auch Theo, der farbige Doktorand, gebildet und aus einem Diplomatenhaushalt, wird ein Schicksal erleiden, das auf Rassismus beruht.Interessant ist auch der Beruf des Pferdemalers, der sich Ende er 1880er Jahre etablierte, einer Zeit, in der die reichen Farmbesitzer zwar ihre schönsten Pferde, aber selten ihre Ehefrauen malen ließen.

Der Roman „Das Gemälde“ ist raffiniert konstruiert und spannend zu lesen. Neben der eigentlichen Handlung erfährt man viel Wissenswertes über Pferdezucht, Rennbahnen sowie die einträglichen Geschäfte der jeweiligen Besitzer. Das wichtigste Anliegen der Autorin ist jedoch die Sklaverei, die in vielen Aspekten ausgeleuchtet wird und den Roman bis in die heutige Zeit begleitet. Schließlich und endlich erfährt auch die Kunst der Pferdemalerei eine hohe Wertschätzung.

Das Buch ist im btb-Verlag erschienen, umfasst 563 Seiten und kostet 25 Euro.

Barbara Raudszus

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