Eine tierische Rap- und Rock-Revue

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Das Wortspiel im Titel der musikalischen Revue „Liedschatten“ in den Kammerspielen des Schauspiels Frankfurt findet gleich zu Beginn seine Entsprechung in den Kostümen. Vor allem der Ritter in der alten Rüstung (Sebastian Reiß) sieht mit deren roter Farbe und dem seltsamen Kopf eher wie ein überdimensionierter Hummer aus, und titelgetreu trägt er rote Lidschatten um die Augen. Neben ihm steht ein überdimensioniertes Schaf, in dem Uwe Zerwer steckt, der zum Singen dann auch den Schafskopf abnehmen darf. Michael Schütz trägt eine Froschmaske auf dem Kopf, und damit verweisen die drei genannten Schauspieler deutlich auf den Untertitel „Who let the Dogs out“, der das Tier im weitesten Sinne in den Mittelpunkt dieser Revue stellt. Der Pudel wird zwar gesprächsweise kurz erwähnt, kehrt seinen Kern aber nicht weiter nach außen. Und wo wir schon einmal bei metaphorischen Tieren sind, fehlt natürlich der Schwan, doch die Frage nach ihm ist ja verboten. Im Hintergrund der Kammerbühne sorgt eine vierköpfige Band in blauen Handwerker-Overalls für die richtigen Rock-Rhythmen.

Das zehnköpfige Ensemble ist, wenn nicht als Tier, dann zumindest tierisch gut kostümiert, die eine als Cowgirl, die andere als dunkler Vamp und der nächste wiederum tritt – völlig deplaciert – im Smoking auf. Nachdem das Ensemble die einleitende Titelmelodie über die freigelassenen Hunde vorgetragen hat, stellen Heidi Ecks und Melanie Schales das bekannte Oldie „The Horse with no name“ vor. Nach diesem nostalgischen Rückblick in die 70er Jahre geht es noch weiter zurück zu Franz Schubert. Holger Stockhaus trägt dessen „Forelle“ vor, allerdings unter erschwerten Bedingungen, da der Pianist seine eigene Vorstellungen von Begleitung hat und eher den Sänger als stillen Begleiter seines Virtuosentums sieht, während dieser sehr individuelle Zeitvorstellungen bei den Ritardandi und Rubati hat und dieses mit indignierten Blicken kundtut. Versteht sich, dass beide Meister ihres Fachs sind, aber auch die untergründigen Spannungen in einem solchen Duo sehr gut kennen. Dann tritt Jo Kipp als Franz Josef Degenhardts Wiedergänger mit „Wölfe mitten im Mai“ auf, und Melanie Straub präsentiert „The Lovecats“ der Band „The Cure“.

In diesem Stil geht es mit viel Tempo und Witz weiter. wobei in humoristischer Hinsicht vor allem „Karl der Käfer“ (Gänsehaut) und Haschisch Kakalake“ (Creme de la Creme) zu nennen sind, vorgetragen von Melanie Straub bzw. Heidi Ecks. Aber auch „Unter dem Meer“ (Joachim Kemmer) und „Dann kommst du wieder“ haben ihren musikalischen und textlichen Reiz. Zum Schluss nahen dann wieder – wie auch anders – die Hunde mit „Dog Days are over“ (Florence + The Machine), gesungen von Annie Nowak.

All diese Songs serviert das Ensemble mit viel Situationswitz bis hin zum Slapstick, etwa, wenn der abgehende rote Ritter den auf seinen Auftritt sich vorbereitenden Holger Stockhaus mit nicht enden wollendem Rüstungsrumpeln nervt oder wenn Uwe Zerwer Schafwitze hart am Kalauer serviert. Dann wieder singen sich Frauen und Männer auf der Bühne gegenseitig nieder, jedenfalls was die Aufstellung betrifft, oder man karikiert Stereotypen der Pop-Kultur und Musik. Jedenfalls kommt für keinen Augenblick Langeweile auf, und die jeweiligen (Tier-)Songs werden mit humoristischer Bebilderung serviert.

Nach eineinhalb Stunden hat man sich im Zuschauerraum gerade „eingegrooved“ und ist enttäuscht, dass es schon vorbei ist, auch wenn noch einige zündende Zugaben folgen. Na ja, da wird es sicher eine weitere Serienfolge geben, auf die wir schon sehnsüchtig warten.

Frank Raudszus

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