Paul Auster: „Baumgartner“

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Der emeritierte Philosophieprofessor Seymour Baumgartner ist im Alter angekommen. Seine Frau Anna Blume hat er schon vor zehn Jahren durch einen Badeunfall verloren, und nun ist er einsam, und die körperliche Konstitution lässt nach. Der erste Teil des Romans erzählt von Baumgartners – noch langsamem – körperlichem und geistigem Verfall, der sich im maroden Zustand des alten Hauses sowie in einem durchgeschmorten, weil vergessenen Kochtopf widerspiegelt. Beim Gang in den Keller mit einem jungen Stromableser fällt er aufgrund einer morschen Stufe gar die Kellertreppe hinunter.

Seymour lebt gerne in der Erinnerung an die Zeit mit seiner geliebten Frau. Wenn er in ihrem umfangreichen Gedichte-Werk stöbert, gerät er in eine melancholische Stimmung und fühlt sich ihr sehr nahe. Er lauscht wieder den klappernden Schreibmaschinentasten nach, wenn sie ihre Gedanken zu Papier brachte, aber diese Geräusche sind leider verstummt. Daher lässt er auf der Suche nach seiner Anna selbst die Schreibmaschine klappern und sortiert ihre Unterwäsche, Strumpfhosen und Tennisshorts ordentlich gestapelt in den zugehörigen Schubladen. Er schreibt ihr mehrere Dutzend pornographische Liebesbriefe, die er ordentlich verpackt und per Post an sich selbst schickt, und er freut sich wie ein Kind, wenn er wieder Post bekommt…

Schließlich stellt er – neben den vielen sinnlosen Beschäftigungen – eine Auswahl der Gedichte seiner Frau zusammen und schickt sie an einen Verlag, der sie tatsächlich veröffentlicht und mit großem Erfolg verkauft. So hat Anna noch spät „ihr eigenes Plätzchen am Firmament gefunden“.

Einige Zeit später erhält Baumgartner tatsächlich „richtige“ Post von einer jungen Frau namens Beatrix, die auf Empfehlung von Baumgartners altem Freund und Kollegen Tom kommt und „Vergleichende Literaturwissenschaften“ an der Universität von Michigan studiert. Sie möchte ihre Dissertation über Anna Blumes Gedichte verfassen. Jetzt nimmt Baumgartners Leben noch einmal Fahrt auf. Er unterstützt die junge Frau in allem, was sie benötigt, und freut sich schon ungemein, als sie zustimmt, für ihre Recherchen bei ihm einzuziehen. Er richtet ein Gästezimmer ein und ist voller Vorfreude auf die neue Mitbewohnerin, als kurz vor ihrer Ankunft ein dummer Verkehrsunfall dazwischen kommt ….

Das Ende des Romans bleibt offen. Paul Austers „Baumgartner“ könnte das letzte Werk dieses großartigen amerikanischen Romanciers sein. Es ist eine Auseinandersetzung mit dem nahenden Tod, aber auch eine Verherrlichung der Liebe – wahrscheinlich das Einzige, das im Leben wichtig ist.

Das Buch ist im Rowohlt-Verlag erschienen, umfasst 204 Seiten und kostet 22 Euro.

Barbara Raudszus

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